Humpty Dumpty
7. Juli 2009
von Wilhelm Friedemann
Stadtrat Georg Böhme-Korn hat am 01.07.2009 auf der WebSite der Brückenfreunde eine „Reaktion und Richtigstellung der CDU-Fraktion des Stadtrats Dresden zu zwei Artikeln in der Süddeutschen Zeitung“ veröffentlicht. Wie in einem Interview des Elbhang-Kuriers, das bereits an anderer Stelle kommentiert wurde, ist es eine Ansammlung von Falschaussagen. Es wäre zu wünschen, dass die „Süddeutsche Zeitung“ den Beitrag ungekürzt veröffentlicht. Besser kann Inferiorität gar nicht illustriert werden.
Viel Kommentar ist nicht erforderlich, denn wie schon in besagtem Interview ist die sachliche Substanz mager. Georg Böhme-Korn beginnt mit den üblichen Beschimpfungen der UNESCO und Francesco Bandarins („trickreich“, „unglaublicher Mangel an Seriosität“), von Nobelpreisträger Günther Blobel („anmaßend“), Dresdner Bürgern („weitgehend unbeleckte … Gutmenschen“), und Journalisten der Süddeutschen („Unsinn und Unwissen“, „bequemes Epigonentum“). Dann beginnt seine Argumentation. Er verweist auf die verkehrstechnische Notwendigkeit der Brücke. Abgesehen davon, dass selbst diese umstritten ist, erklärt das natürlich nicht, warum die Lösung des Problems nicht in einer welterbeverträglichen Weise mit einem Tunnel herbeigeführt werden kann. Dankenswerter Weise stellt er aber auch klar, dass die Beschlüsse zum Brückenbau
aus reiner Verkehrsideologie,
das Landschaftsbild spielte dabei keine Rolle
gefasst wurden.
Es geht weiter: Georg Böhme-Korn behauptet doch immer noch, dass die UNESCO bei der Antragstellung bestens informiert gewesen sei. Dass dies die Lebenslüge der Brückenfreunde ist, ist längst bekannt. Das im Auftrag der Stadt Dresden (!) erstellte Gutachten der RWTH Aachen, in dem die katastrophalen Folgen des Brückenbaues analysiert wurden, bezeichnet er als „bestelltes Gutachten eines Professors aus Aachen – sehr zweckmäßig vom anderen Ende Deutschlands.“
Immer wieder von gehässigen Beschimpfungen unterbrochen („… betrat unser Günter Blobel forsch die Bühne … wurden dem Welterbekomitee … völlig ungeprüft Schauermärchen aus dritter Hand aufgetischt … die 21 hohen Beamten aus aller Herren Länder verbindet vor allem eins: Ihr Kenntnisstand zu Dresden liegt nahezu bei Null …“) setzt er damit fort, den Diplomaten des Auswärtigen Amtes zu unterstellen, sie hätten aus parteipolitischen Gründen gegen die Interessen Deutschlands gehandelt: „Und die deutsche Beobachterdelegation unter Leitung des SPD-geführten Auswärtigen Amtes? Hat sie die nach dem Grundgesetz für die Brückenfrage zuständige sächsische Staatsregierung ordentlich vertreten? Mitnichten!“ Dass die Bundesregierung und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU!), wie ehrlich auch immer, sich gegen die Beeinträchtigung des Dresdner Welterbes ausgesprochen hatten, lässt er unerwähnt.
Einer seiner Anregungen kann man nur zustimmen: Dem Hinweis auf den Film „All the President’s Men“. Es wäre in der Tat eine Untersuchung wert, aus welchen Gründen die Brückenfreunde Dresden und Deutschland in diese peinliche Lage gebracht haben.
Der Titel des Films ist übrigens dem alten Reim entlehnt:
Humpty Dumpty sat on a wall,
Humpty Dumpty had a great fall,
All the King’s horses and all the King’s men,
Couldn’t put Humpty together again.
Auch diesem Humpty Dumpty ist wie jenem nicht zu helfen.
Hinweis: Wer weniger aufgeregtes über den Stand der Dinge lesen möchte, dem sei das Positionspapier der Welterbebewegung und die Faktensammlung zum Dresdner Brückenstreit wärmstens empfohlen.