Hundehäufchen
11. November 2009
aufgelesen von
Eduard Zetera
In der SZ vom 02.11.2009 lesen wir unter der Überschrift „Welterbe kein Thema – CDU-Fraktion richtet Fokus auf Ordnung und Sauberkeit“:
Die CDU-Fraktion im Stadtrat hat sich gegen eine neuerliche Bewerbung Dresdens um einen Welterbe-Titel bei der Unesco ausgesprochen. „Wir sehen dafür im Moment keine Grundlage und würden gegenwärtig einen neuen Antrag nicht unterstützen“, hieß es im Ergebnis einer Klausurtagung, zu der Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) und die Fach-Bürgermeister die Fraktion am Donnerstag und Freitag nach Kirschau in der Oberlausitz eingeladen hatte. „Der mögliche Gegenstand für eine Bewerbung ist nicht klar und wir können auch nicht den Wunsch der Dresdner nach einer erneuten sofortigen Bewerbung erkennen“, teilte die Fraktion am Sonntag mit.
Dafür wollen die Christdemokraten aber die „Ordnung und Sauberkeit“ in Dresden als Schwerpunktthema auf die Tagesordnung des Stadtrats heben. Die Fraktion will dafür ein „Lokales Handlungsprogramm für Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum“ beantragen. Es gebe immer wieder Bürgerbeschwerden dazu, erklärte Fraktionssprecher Helfried Reuther. Auch die Politessen könnten mehr zu einem ordentlichen Stadtbild beitragen. Es gehe zum Beispiel nicht an, dass die Knöllchenverteiler auf der einen Straßenseite Parksünder abstrafen, während 30 Meter weiter jemand illegal Plakate aufhänge oder Graffitis an Wände schmiere und davon komme.
In der gleichen Ausgabe der SZ wird diese Nachricht unter der Überschrift „CDU fehlt die Vision für eine Kulturstadt – über die CDU, die keinen Unesco-Titel mehr will“ von Peter Ufer wie folgt kommentiert:
Die CDU-Fraktion des Dresdner Stadtrates spricht klar aus, was sie will. Das muss man ihr positiv bescheinigen. Schließlich bekennen sich die Christdemokraten eindeutig zu Ordnung und Sauberkeit in der Stadt, aber gegen den Weltkulturerbetitel der Unesco. Sie wollen ihn nicht.
Damit verabschiedet sich die Fraktion endgültig von der Vision Dresdens als Weltkulturstadt. Sie kümmert sich lieber um die Beseitigung von Hundehaufen in der Neustadt. Das ist eine klare Profilierung. Kompliment. So viel Provinzialismus ist selten. Außerdem fällt die Fraktion damit der CDU-Oberbürgermeisterin Helma Orosz in den Rücken, die eine erneute Bewerbung Dresdens bisher befürwortete.
Nach dem Verlust des Weltkulturerbetitels im Sommer in Spanien verkündete Orosz mit Stolz, dass die Unesco Dresden den Welterbestatus nicht endgültig abgesprochen habe. Damit gab es Hoffnung, dass die Stadt weiterhin in der Weltliga der Kulturstädte mitspielen könne. Das wird jetzt immer schwerer.
Offensichtlich hat es die CDU verpasst, sich darum zu kümmern, Kultur-Visionen für Dresden zu entwickeln. Das ist bitter. Das Kulturprofil zeichnet Dresden aus und macht die Stadt im Wettbewerb mit anderen europäischen Städten unverwechselbar. Wer das nicht erkennt, kennt Dresden nicht.
Diesem Kommentar kann man in der Sache nur zustimmen – und trotzdem hinterlässt er beim Leser einen faden Beigeschmack: Gerade die SZ hat in der Vergangenheit all zu oft die unsäglichen Einlassungen der CDU-Lokal- und -Landespolitiker, mit denen das Verhältnis zwischen Dresden und der UNESCO systematisch beschädigt wurde, unreflektiert wiedergegeben. Arroganz wurde so zu einer neuen Form von Selbstbewusstsein umgedeutet, Provinzialismus wurde in Dresden zum (Wahl-) Programm. Die SZ mag nicht der Urheber dieses Gedankenguts sein, gleichwohl hat sie es bereitwillig unter die Leute gebracht. Damit hat die SZ genau das Meinungsbild in Dresden mit geschaffen, welches die CDU aufgreift und dessen Defizite nun vom Hause Ufer beklagt werden.
Unsere Lokalpolitiker sind dabei, das Bild von Dresden als einer Weltkulturstadt systematisch zu demontieren. Dass sie dabei gut vorankommen, kann man inzwischen nicht nur am Verlust des Weltkulturerbetitels ablesen, sondern auch an dem Versuch, in Dresden ein Weltkulturforum zu installieren, der jüngst in einem Debakel endete. Wenn aber Herr Ufer heute darüber Krokodilstränen vergießt, dann ist das zuallererst eines: scheinheilig.