Den folgenden Brief schrieb Pfarrer i.R. Manfred Bauer, nachdem er am 04.03.2008 am CDU-Stammtisch mit Staatsministerin a.D. Friederike de Haas (MdL) unter dem Motto „Brücken verbinden – Brücken bauen“ teilgenomen hatte.

Sehr geehrte Frau de Haas,

da bin ich doch heute als Welterbeverteidiger, Kompromisssucher, Tunnelbefürworter, SPD-Mitglied (und als Christ auch) der Einladung zu Ihrem Stammtisch gefolgt. Freude über den vollen Saal! Ich bekam nur noch einen guten Stehplatz ganz hinten an der Wand, obwohl ich einigermaßen pünktlich war. Das Interesse am Brückenschlagthema ist erfreulicherweise auch in Ihrer Partei recht groß. Freude auch über Herrn Burgers Beitrag! Leider wurde seine Anregung, sich um einen runden Tisch zu versammeln, von Ihnen und anderen eher skeptisch bis ablehnend beantwortet. Dann wurden leider auch wieder Unterstellungen als Tatsachen hingestellt: Die Tunnelbefürworter würden doch alles dafür tun, dass überhaupt nichts gebaut werden kann und sie hätten das Tunnelbegehren im Wissen um seine Nichtzulässigkeit initiiert, nur um dann dem RP die Schuld geben zu können usw. So hat natürlich ein runder Tisch keinen Sinn, wenn man dem anderen von vorn herein Unredlichkeit unterstellt und wenn man nur erwartet, dass am Ende die eigene Meinung siegen wird.

Die Wahrheit ist: Tatsächlich gibt es unter den Tunnelbefürwortern und Welterbeverteidigern nicht wenige, die an der Sinnhaftigkeit des ganzen Projektes „Verkehrszug …“ erhebliche Zweifel haben. Aber sie sind nach meinem Eindruck gute Demokraten und zu großen Teilen rekrutieren sie sich aus denjenigen, die 1989 die Wende mit herbeigeführt haben. Sie wollen bürgernahe Demokratie und deshalb akzeptieren Sie den Bürgerentscheid! Aber weil sie auch das Erbe der Welt nicht beschädigen wollen, kämpfen sie mit erstaunlicher Ausdauer für den Erhalt der Elbwiesen am Waldschlösschen bei gleichzeitiger Realisierung des Bürgerbegehrens nach einer Elbquerung an dieser Stelle. Da sehen sie im Tunnel den einzig logischen und möglichen Kompromiss. Leicht ist dieser Kompromiss den meisten wahrhaftig nicht gefallen. Dass trotzdem über Monate hinweg so viele dafür mobilisiert werden konnten, halte ich für einen Beweis dafür, dass in Dresden die Demokratie lebt! Die Ernsthaftigkeit dieses Anliegens sollte also nicht in Frage gestellt werden. Gerade das musste ich aber heute Abend feststellen, dass Ihre Parteifreunde die Bemühungen der Welterbeverteidiger weder ernst nehmen noch für ehrlich halten.

Zu den technischen Fragen kann ich als Theologe nur begrenzt urteilen. Allerdings scheint mir bei der Frage, ob ein Tunnel machbar ist, die eine Ingenieurauffassung gegen die andere Ingenieurauffassung zu stehen. Die Ingenieure des Tunnelbegehrens haben doch auch Zahlen zu Grunde gelegt. Die gleichen Zahlen! Aber sie kommen nicht auf längere Rampen, selbst bei 3,5 m unter Elbsohle. Da hilft wohl kein runder Tisch sondern nur die Prüfung durch unabhängige Gutachter. Wenn es um Zahlen geht, kann am Ende wirklich nur eine Seite Recht haben. Bei Mathematik gibt es nun mal nicht gut oder schlecht, sondern nur richtig oder falsch. Und weil es um Aussagen von Ingenieuren geht (die im allgemeinen mit Mathematik umgehen können), darf man annehmen, dass entweder die einen oder die anderen wissentlich und willentlich die Unwahrheit sagen. Wenn sie es öffentlich tun, ist es – aber das wissen Sie selbst.

Mein Eindruck ist – und das hat sich heute Abend stark bestätigt: CDU und die Ingenieurkammer und das RP und Teile der Stadtverwaltung wollen keinen Tunnel und deshalb finden sie natürlich Argumente, die gegen eine solche Lösung sprechen. Und die Angst scheint groß zu sein, dass womöglich das ganze Projekt scheitern könnte. Und wo Angst im Spiel ist, da ist die Aggression nicht weit. Und wo den Aggressionen Raum gegeben wird, da wird der Blick auf die Wirklichkeit verzerrt. Ich jedenfalls habe heute Abend bei einem großen Teil der Versammelten einen stark verzerrten Blick auf die Wirklichkeit wahrgenommen. Was mich sehr traurig gestimmt hat, ist der Eindruck, dass in Ihrer Partei der Welterbetitel wohl eher als Hindernis gesehen wird. Sie haben das mit dem Beispiel Potsdam wiederholt zum Ausdruck gebracht. Hier stehen momentane wirtschaftliche Erwägungen gegen die generationenübergreifende Erhaltung von Naturschönheiten und Kulturgütern. Dieser Konflikt ist schmerzlich und bedarf gründlicher Abwägung. Man sollte es aber nicht dulden, dass es der Lächerlichkeit preisgegeben wird, wenn die UNESCO das Dresdner Elbtal auf einer Stufe mit den Pyramiden sieht. Die Einstufung als Erbe der Menschheit ist eine hohe Ehre und eine enorme Verpflichtung. Dresdner Stadträte haben es über Jahrhunderte geschafft, die Elbwiesen von jeder Bebauung freizuhalten. So ist eine einmalige innerstädtische Landschaft entstanden, die es nicht wert ist, momentanen wirtschaftlichen Interessen geopfert zu werden.

Empört hat mich schließlich am Ende des Abends der Umgang mit der jungen Frau, die ihre Betroffenheit angesichts des Umgangs mit der Buche an der Angelikastraße äußerte. Die Reaktionen waren beschämend. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meiner Geduld am Ende und ich habe die Versammlung verlassen. Das war vielleicht nicht unbedingt ein angemessenes Zeichen des Mitgefühls. Aber wenn zum Gespräch eingeladen wird, sollten auch kritische Äußerungen ausgehalten werden können. Sehen Sie also bitte diese Zeilen als ein Zeichen der Gesprächsbereitschaft.

Trotz allem: Freundliche Grüße!

Manfred Bauer

Am 06.03.2008 fand an der Technischen Universität Dresden eine Fachklausur „Elbtunnel Dresden“ statt. Eingeladen hatten Prof. Dr.-Ing. Wolfram Jäger, Dekan der Fakultät Architektur, und Prof. Dr.-Ing. Rainer Schach, Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen. Zusammengekommen war eine hochkarätige, unabhängige und international besetzte Gruppe von Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Ziel der Tagung war eine ausführliche Erörterung aller Aspekte der technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Machbarkeit einer Elbquerung am Waldschlößchen in Form eines durchgehenden Elbtunnels.

Das Ergebnis der Tagung lässt sich in einem Satz zusammenfassen:

Alle bislang von den Fürsprechern einer Tunnelalternative vorgebrachten Argumente zur Machbarkeit des Elbtunnels sind fachlich absolut korrekt.

Die Machbarkeit des Elbtunnels wurde in eindrucksvoller Weise bestätigt. All jenen, die immer wieder versuchten, einen Elbtunnel als unrealistisch abzutun, ist damit die Grundlage ihrer Argumentation dauerhaft entzogen.

Die Ergebnisse der Fachklausur „Elbtunnel Dresden“ sind in einem übersichtlichen Positionspapier zusammengefasst. Das Dokument sorgt im übrigen auch bei den Autoren dieser Internetseite für Erleichterung: Alle bislang hier getroffenen Aussagen sind korrekt. Ein besseres „Testat“ kann man sich nicht wünschen. Eine einzige unerhebliche Einschränkung betrifft das Ende der stadtwärtigen Tunnelausfahrt auf der Bautzner Straße. Die notwendige Verlängerung der Ausfahrt erfordert „eine zusätzliche Inanspruchnahme von Kleingartenland. […] Der Abriss von bestehenden Wohngebäuden ist nirgends erforderlich.“ Diese Einschränkung wird selbstverständlich in den nächsten Tagen in unsere Darstellung übernommen.

Beide Veranstalter, Prof. Wolfram Jäger und Prof. Rainer Schach, bitten in einem offenen Brief Oberbürgermeister Dr. Lutz Vogel eindringlich darum, seiner „Verantwortung für unsere Stadt und ihre einzigartige Lage am Elbefluss“ gerecht zu werden, und umgehend auf eine Realisierung des Elbtunnels hinzuarbeiten. Sie bieten ihm dazu ausdrücklich ihre Unterstützung an.

Am 05.03.2008 war eine Delegation des Stadtrates in Paris, um bei der UNESCO auszuloten, welche Elbquerungslösung am Waldschlößchen welterbefähig ist. Teilgenommen hatte u.a. Prof. Dr. Ralf Weber – Mitinitiator des Bürgerbegehrens für den Tunnelkompromiss und Architektur-Professor an der TU Dresden. Das Gespräch mit dem Direktor des Welterbezentrums, Francesco Bandarin, fasst er so zusammen:

„Es gibt eine klare Botschaft: Keine der bekannten Brücken-Alternativen [Schleich-Brücke, Sobek-Brücke, Burger-Brücke usw.] ist welterbeverträglich.“ Auch ein Tunnel stelle einen Eingriff dar, werde aber von der UNESCO als Kompromiss akzeptiert.

Ein UNESCO-Sprecher teilte der „Sächsischen Zeitung“ mit, dass die UNESCO den alternativen Entwurf zur Dresdner Waldschlößchenbrücke ablehnt. Die Gutachter der UNESCO sind zu dem Ergebnis gekommen, dass nur ein Tunnel den „außergewöhnlichen universellen Wert“ des Weltkulturerbes Dresdner Elbtal bewahren kann. „Es scheint, dass ein Tunnel einen viel kleineren Eingriff bedeutet. Keine Brückenalternative kann die Landschaft bewahren.“

Nachtrag

Inzwischen liegt auch der ICOMOS-/UNESCO-Bericht vor, der die sachliche Grundlage für diese Entscheidung der UNESCO bildet.

Botschaften im Wind

Die Tibeter hängen ihre Gebetsfahnen an Orten auf, wo ein guter Geist herrschen soll. Die Fahnen flattern an Häusern und auf Bergspitzen. Sie sollen gute Energien schaffen, bösen Geist verjagen und schlimme Dinge verhindern.

Diese Vorstellung möchte ich aufgreifen und mit Eurer Unterstützung sichtbar machen, dass wir nicht aufgeben – auch wenn uns manchmal Gefühle der Hilflosigkeit und Ohnmacht befallen. Ich möchte zeigen, dass es viele gute Energien, Ideen, Gedanken und Meinungen gibt.

Daher bitte ich Euch – im Stil der tibetischen Gebetsfahnen – Eure Gedanken und Wünsche auf ein Stück Stoff (Größe ca. A4) zu schreiben oder zu malen. Die klassischen Farben tibetischer Gebetsfahnen sind weiß, gelb, blau, rot und grün. Wasserfeste Tusche oder Wachsmalstifte eignen sich für Bemalung und Beschriftung am besten. Wir wollen ein farbenprächtiges Bild schaffen, das uns und anderen Mut macht.

Alle eingereichten Fahnen werden von dem Fotografen Michael Kretzschmar dokumentiert und im Internet bei Flickr veröffentlicht, bis wir einen passenden Ort für die Präsentation der Originale gefunden haben. Vorschläge dafür sind herzlich willkommen.

Bitte gebt Eure Fahnen entweder nach den Demonstrationen an der Bühne ab, bringt sie bei mir vorbei oder

Am 26.02.2008 war an dieser Stelle noch von 30.000 Unterschriften die Rede. Inzwischen sind es 40.000. Was lernen wir daraus? Eine vernünftige Idee beginnt sich durchzusetzen.

Wir danken allen, die uns mit ihrer Unterschrift ihre Zustimmung dokumentieren. Und wir danken insbesondere allen, die unser Anliegen aktiv unterstützen. Super! Weiter so … denn es sind erst 40.000 Unterschriften gesammelt!

Dass das Begehren so deutliche Unterstützung durch die Dresdner Bürgerschaft erfährt, ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert:

  • Das Bürgerbegehren wurde erst vor 7 Wochen, am 14.01.2008, gestartet. Es findet in einer Zeit statt, in der die Diskussion um die Brücke und den Elbtunnel sehr emotional geführt wird.
  • Das Bürgerbegehren findet gegen den erklärten Widerstand offizieller Stellen statt. Namentlich das Regierungspräsidium greift wiederholt und mit Nachdruck in die kommunale Debatte ein.
  • Das Bürgerbegehren wird von den lokalen Medien bestenfalls zurückhaltend kommentiert.

40.000 Unterschriften sind sicher viel – es sind gewiss aber nicht genug. Der Umfang der Beteiligung am Bürgerbegehren ist auch ein politisches Signal. Eine wachsende Zahl von Bürgern, die sich dem Begehren anschließen, verleiht der Angelegenheit Nachdruck und fördert gleichzeitig die Meinungsbildung in der Stadt Dresden.

Daher: Sollten Sie noch nicht unterzeichnet haben, dann schließen Sie sich dem Bürgerbegehren an! Nach dem Auslaufen der Bindungsfrist des alten Bürgerentscheids und Unentschlossenheit unseres Stadtrats ist es um so wichtiger, dass wir Bürger ein deutliches Zeichen setzen.

Briefkästen

Der Verein „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ bietet stadtweit Möglichkeiten zur Abgabe von Unterschriftenlisten. Eine vollständige Übersicht über alle Adressen finden Sie in der Liste „briefkaesten.pdf“ (45 kB, 68 Adressen). Alle Unterschriftenlisten müssen bis spätestens 03.04.2008 an diesen Stellen abgegeben werden.

Achtung: Die Großdemonstration wird wegen des schweren Unwetters auf den 09.03.2008 (Sonntag) verschoben! Bitte beachten Sie unsere Informationen zur neuen Veranstaltung.

Am Samstag, dem 01.03.2008, findet ab 16:00 Uhr eine Großdemonstration unter dem Motto „Aufeinander zugehen – Der Elbtunnel verbindet Dresden“ statt. Unmittelbar nach dem Ablauf der Bindungsfrist des alten Bürgerentscheids soll deutlich gemacht werden, dass eine Vielzahl – vielleicht bereits die Mehrzahl – der Dresdner für einen Tunnel als den Kompromiss zwischen Elbquerung und Welterbe stimmt.

Der Deutsche Kulturrat (der Spitzenverband der Bundeskulturverbände) und der Deutsche Naturschutzring (Dachverband der Natur- und Umweltschutz-Verbände in Deutschland) unterstützen das Ringen um einen Elbtunnel anstelle der umstrittenen Waldschlößchenbrücke im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal. Der Präsident des Kuratoriums Welterbe Dresdner Elbtal, Ingo Zimmermann sagt hierzu:

Es gibt ein kulturelles Gewissen, das nicht stumm bleiben darf, wenn ein einzigartiger Landschaftsraum nahezu bedenkenlos der Verkehrsplanung überlassen wird.
Ingo Zimmermann

Ablauf der Demonstration am 01.03.2008:

  • Treffpunkt: 16:00 Uhr an der Frauenkirche
  • Kundgebung: 16:30 Uhr am Goldenen Reiter

Hauptredner:

  • Prof. Ludwig Güttler
    Initiator des Wiederaufbaus der Dresdner Frauenkirche
  • Prof. Dr. Michael Kinze
    Präsident des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie i.R.
  • Dr. Helmut Röscheisen
    Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings
  • Horst Wadehn
    Vorsitzender des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V.
  • Olaf Zimmermann
    Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
  • Prof. Dr. Ingo Zimmermann
    Präsident des Kuratoriums Dresdner Elbtal

Wenn Sie in Ihrem Umfeld auf die Demonstration aufmerksam machen möchten: Die Plakate zur Demo gibt es in Farbe (pdf-Datei, 230 kB) sowie in Schwarz-Weiß (pdf-Datei, 584 kB). Drucken Sie diese aus und verteilen Sie diese!

Briefkästen gesucht

Der Verein „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ sucht stadtweit Möglichkeiten zur Abgabe von Unterschriftenlisten. Dazu gehören z.B.:

  • Briefkästen,
  • Geschäfte,
  • Praxen oder
  • Kanzleien.

Wir möchten den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens die Möglichkeit geben, die Unterschriftslisten in ihrer Nähe abzugeben um so Porto zu sparen.

Wenn Sie uns helfen wollen: Nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf! Wir freuen uns darauf, Sie kennen zu lernen.

Ihr zersägt Eure Enkel!

Unter diesem Titel schreibt der bekannte Dresdner Schriftsteller Thomas Rosenlöcher in der Ausgabe 07 der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 07.02.2008 einen bewegenden Essay, in dem er den Dresdner Widerstand gegen die Waldschlösschenbrücke schildert und für einen Tunnelkompromiss plädiert.

Am 13.02.2008 wurde der Essay auch in der „Sächsischen Zeitung“ vollständig abgedruckt.

Robert Uhlemann
Rechtsanwalt

Dresden, den 14. Februar 2008

Erklärung zur Kritik des Regierungspräsidenten Dr. Hasenpflug am Bürgerbehehren „Welterbe erhalten durch Elbtunnel am Waldschlößchen“ vom 11. Februar 2008

Im Auftrag der Bürgerinitiative „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ gebe ich folgende Erklärung ab:

1. Dienstaufsichtsbeschwerde

Die öffentliche Äußerung des Regierungspräsidenten am 11. Februar 2008 zum Bürgerbegehren stellt einen unzulässigen Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Landeshauptstadt Dresden aus Art. 28 Abs. 2 GG dar.

Als Rechtsaufsichtsbehörde ist das Regierungspräsidium (RP) zwar befugt, die Stadt auf eine zu erwartende rechtliche Beanstandung einer Entscheidung durch das RP hinzuweisen. Die Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung in der Gemeinde durch eine Presseerklärung überschreitet die Kompetenzen des RP als Rechtsaufsichtsbehörde aber deutlich. Der Regierungspräsident hätte über ein nicht öffentliches Schreiben an die Landeshauptstadt nicht hinausgehen dürfen.

Die Vertreter des Bürgerbegehrens, die im Übrigen die geäußerte Kritik als nicht fundiert betrachten, werden heute Dienstaufsichtsbeschwerde bezüglich der Presseerklärung des Regierungspräsidenten Dr. Hasenpflug erheben. Die das einzuleitende Disziplinarverfahren abschließende Entscheidung des Freistaats Sachsen wird durch die Vertreter des Bürgerbegehrens veröffentlicht werden.

2. Zur Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren

Unrichtig ist insbesondere die geäußerte Kritik, es sei unzulässig, vor Ablauf der Bindungsfrist des alten Bürgerentscheids bereits Unterschriften zu sammeln.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unterzeichnungsberechtigung ist der Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens und nicht der Tag der Unterzeichnung. Dementsprechend wurde am 23.01.2008 im Besprechungstermin mit der Stadt durch den Leiter des Rechtsamtes, Herrn Weber, und dessen Mitarbeiter Herrn Stroß, die Rechtmäßigkeit der laufenden Unterschriftensammlung klar bejaht.

3. Zur angeblich fehlerhaften Begründung des Bürgerbegehrens

Unbegründet ist insbesondere die Kritik des Regierungspräsidenten, es fehle an einer wahrheitsgemäßen Begründung, da aus Fragestellung und Begründung nicht hervorgehe, dass im Falle des Tunnelbaus ein mehrjähriges neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist.

Ein neues Planfeststellungsverfahren ist nur für die sich ändernden Teile des Verkehrzuges durchzuführen und zwar ebenso wie für die von Frauenkirchen-Baudirektor Burger an der Brücke vorgenommenen Änderungen.

Gemäß § 76 VwVfG ist ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wenn Belange anderer berührt werden, und insbesondere dann, wenn neuerliche Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange eingeholt werden müssen. Neuerliche Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange sind sowohl für den Bau des durchgängigen Tunnels, wie für die statischen Veränderungen am Brückenbogen der Burger-Brücke sowie für deren, den Fußgängerverkehr betreffende, Funktionsänderung einzuholen.

Der Umstand, dass Teile des Verkehrszugs neu planfestgestellt werden müssen, muss in Fragestellung und Begründung des Bürgerentscheides nicht ausdrücklich benannt sein. Denn dem Bürger wird mittels des Bürgerbegehrens eine Grundsatzfrage (Brücke oder Tunnel) zur Entscheidung gestellt.

Bei der Entscheidung über die Grundsatzfrage zugunsten des Tunnelbaus ist dem Abstimmungsberechtigten bewusst, dass er sich für die Alternative zum laufenden Bauvorhaben mit den sich hierdurch ergebenden Änderungen und Konsequenzen entscheidet. Unzulässig wäre die Begründung nur dann, wenn die Begründung aussagen würde, dass kein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist – dies ist aber nicht der Fall.

Als populistisch ist die vom Regierungpräsidenten geäußerte Einschätzung zu bewerten, die Vorbereitung und Durchführung der neuerlichen Planfeststellung für Teile des Verkehrszuges würde einen mehrjährigen Zeitraum in Anspruch nehmen.

Da der neue Planfeststellungsbeschluss auf den bereits bestehenden Bezug nehmen wird, bleiben wesentliche Vorbereitungstätigkeiten, Prüfergebnisse und Festlegungen, wie beispielsweise die Verkehrsprognose, die Begründung des Verkehrskonzepts sowie die Festlegungen zu den unverändert bleibenden Bauabschnitten weiter nutzbar bzw. behalten Geltung. Eine mehrjährige Unterbrechung des Bauablaufs ist deshalb unrealistisch.

4. Zur Kritik am Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens

Die Kritik des Regierungspräsidenten am Kostendeckungsvorschlag des Bürgerbegehrens geht ebenso ins Leere.

Nach dem durch die Stadt beauftragten Gutachten würden Mehrkosten in Höhe von 29 Millionen Euro entstehen – der Kostendeckungsvorschlag würde aber lediglich einen Mehrkostenrahmen von 2-29 Millionen Euro ausweisen.

Dem Kostendeckungsvorschlag ist unmissverständlich zu entnehmen, dass auf drei vorhandene Gutachten, u.a. auf das durch die Stadt beauftragte Gutachten der EIBS GmbH, Bezug genommen wurde. Aufgrund der verschiedenen Bewertungen, die ihre Ursache vor allem in der Bauweise und der Tunnelkonstruktion haben, ergibt sich ein Kostenrahmen für die Herstellungskosten des Tunnelbaus. Hinsichtlich der Betriebs- und Wartungskosten weisen die Gutachten von BUNG und ILF anschaulich nach, dass diese geringer sind als die Betriebs- und Wartungskosten der Brücke-Tunnel-Kombination.

Vor dem Hintergrund, dass aber bereits feststeht, dass sich der Brückenbau aufgrund des gestiegenen Stahlpreises um ca. 20 Millionen verteuert und dass der Bund sich bereit zeigt, Mehrkosten eines Tunnelbaus zu übernehmen, deutet sich an, dass das Bürgerbehren für dessen Zulässigkeit gar keines Kostendeckungsvorschlags mehr bedarf. Denn die Kosten der begehrten Maßnahme wären dann entweder niedriger oder ebenso hoch wie die der im Bau befindlichen Brücke-Tunnel-Kombination.

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