Die Bürgerinitiative „Welterbe Dresdner Elbtal“ lädt herzlich zur ihrer diesjährigen Auftaktveranstaltung am Aschermittwoch, dem 25.02.2009, um 19:00 Uhr in die JohannStadtHalle, Holbeinstraße 68, ein.

Es werden Ausschnitte aus den Filmen „Platz-Probleme“ (2007) und „Kulisse für den Kommerz. Die alten Städte und die neuen Zentren“ (2007) zu sehen und zu diskutieren sein, in denen sich der mehrfach mit Preisen gekürte, bayerische Filmjournalist Meinhard Prill kritisch mit dem öffentlichen Raum in unseren Städten auseinandersetzt.

Auch wenn die Beispiele vor allem die bayerischen Städte München und Passau betreffen, regen sie dennoch zum Vergleich an. Man wird vielleicht die eine oder andere Antwort auf die Frage finden, warum in Dresden manche Plätze so entsetzlich öde und andere, versteckte aber durchaus mit Leben erfüllt sind.

Die Welterbebewegung in Dresden bedauert die Absage des Weltkulturforum (wcf) in Dresden. Mit dem wcf gelang es in den vergangen Jahren, in Dresden eine hochkarätige Diskussionsplattform zu der gesellschaftspolitisch wichtigen Frage der Ausbalancierung politischer, kultureller und wirtschaftlicher Interessen zu etablieren. Das wcf ist zu einem wichtigen Imagefaktor für Dresden geworden. Es könnte den Anspruch Dresdens, als europäische Kulturmetropole zu fungieren, wirkungsvoll ausstrahlen. Nicht zuletzt ist das wcf mit seinen über 500 geladenen Gästen auch unter dem Aspekt des Tourismus ein wichtiges Großereignis für unsere Stadt.

Die Welterbebewegung erhoffte sich von dem nun abgesagten wcf wichtige Impulse für den Erhalt des Welterbes in Dresden.

Jedem Teilnehmer des wcf ist klar, dass Dresden mit dem zur Zeit sicheren Verlust des Welterbetitels im Sommer als Tagungsort für ein Weltkulturforum in den Augen der Welt ungeeignet erscheinen würde. Wir teilen das von vielen geladenen Tagungsteilnehmern dahingehend zum Ausdruck gebrachte Bedauern. Wir hoffen, dass das Forum Tiberius als Veranstalter des wcf sich der Brisanz dieser Situation hinreichend bewusst ist.

Ein Weltkulturforum, welches nicht all seine Kräfte in den noch immer möglichen Erhalt des Welterbes in Dresden investiert, hätte überdies seinen ideellen Anspruch langfristig verwirkt.

Horst Wadehn, Vorsitzender des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V., sagt hierzu:

Ich begrüße die Durchführung eines Weltkulturforums in Dresden sehr, denn in kaum einer deutschen Stadt wird mehr Kultur geboten als in Sachsens Metropole. Es ist schade, dass diese für die außerordentliche Problematik Dresdens so bedeutende Veranstaltung verlegt werden musste, hätte es doch die vielleicht letzte Möglichkeit gegeben, den unglückseligen Brückenbau mit der Macht des Wortes herausragender Kulturmanager unserer Zeit und aus aller Welt zu stoppen. Oder sollte durch die Verlegung gerade diese Möglichkeit und durch die Hochgeschwindigkeitsbauerei der am Brückenbau beteiligten Firmen ausgeschlossen werden?

Das UNESCO-Welterbeprogramm ist auch Weltkultur, daran sollten sich die Brückenan- und Statusaberkenner in Dresden im Klaren sein. Es ist heute noch nicht absehbar, welche Folgen die Aberkennung des UNESCO-Welterbestatus für Dresden und für die Kulturnation Deutschland haben wird, wohl aber ist gewiss, dass die Menschen in aller Welt das Verfahren kopfschüttelnd begleiten und zweifellos ihre Reiseentscheidung kritisch prüfen werden.


Zur Information: Pressemitteilung des Forum Tiberius

Diese Frage stellt das Entwicklungsforum Dresden als Motto über eine Podiumsdiskussion am Montag, dem 16.02.2009, um 19:00 Uhr im „Forum Am Altmarkt“ im Haus der Ostsächsischen Sparkasse Dresden am Dr.-Külz-Ring 17. Der Einlass beginnt 18:00 Uhr.

Als Gesprächsteilnehmer sind eingeladen: Nils Busch-Petersen (Hauptgeschäftsführer, Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V., Regionalbereich Berlin/Umgebung), Eberhard Lucas (Hauptgeschäftsführer, Handelsverband Sachsen), Sybille Kießling (Kießling-Moden, Dresden), Wolfgang Wirz (Filialgeschäftsführer Karstadt Dresden) und Andreas Wurff (Stadtplanungsamt, LHD). Die Moderation übernimmt Michael Bartsch (freier Journalist).

Das Entwicklungsforum Dresden schreibt zur Motivation für diese Podiumsdiskussion:

Jahrelang war die Dresdner Innenstadt mit Handelsflächen unterversorgt. Gegenwärtig zeichnet sich eine entgegen gesetzte Tendenz ab. Beschert der Bauboom mit Neubauten und Erweiterungen auf der Meile von Hauptbahnhof bis zum Altmarkt jetzt ein Überangebot in Shoppingcenter-Monotonie? Oder wird damit zunächst erst einmal die Balance zwischen Innenstadthandel und den Einkaufzentren am Stadtrand hergestellt? Letztere blasen zum „Elefantenrennen“ und pochen auf Wettbewerb, um ihre Verkaufsflächen erweitern zu dürfen. Das wird Konsequenzen für die Zentrumsentwicklung haben.

Dieses heiße Eisen wollen wir in einer Podiums-Runde aufgreifen und mit Planungsfachleuten und Vertretern des Einzelhandels diskutieren. Als Ergebnis sind Empfehlungen für die Politik gewünscht.

Es ist nur zu begrüßen, dass in Dresden nach qualifizierten Antworten auf derart brennende Fragen der Stadtentwicklung gesucht wird. Und es ist gut, wenn es einmal nicht die Kommunal- oder Landespolitik ist, welche sich solche Diskussionen zu eigen macht – nicht etwa, um Lösungen zu finden, sondern nur, um sich zu profilieren. Für letzteres können wir in Dresden schon genügend Beispiele besichtigen. Die Waldschlößchenbrücke ist wohl nur das prominenteste, aber lange nicht das einzige.

Krise? Welche Krise?

Johannes Hellmich
zur Dresdner Situation
zwischen Welterbestreit
und Wahlmarathon

Endlos winden sich die Autoschlangen im Schrittempo an Dresdens bekanntester Baustelle vorbei. Hier auf der Nordseite herrscht nach einer kurzen Winterpause wieder Betriebsamkeit. Gewaltiges Bohrgerät kämpft sich unaufhörlich ins Erdreich; Eile ist geboten, zuviel Zeit hat man schon verloren. Dass an dieser Stelle vor Jahresfrist in einem absurden Schauspiel Polizisten gegen Umweltaktivisten vorgegangen sind, lässt sich räumlich nur mit Mühe vorstellen. Heute nimmt vom Geschehen hinter den Absperrzäunen kaum jemand mehr Notiz. Lange her ist es auch, dass die Junge Union Kaffee und Stollen an die Arbeiter verteilte. Letzte Kompromissaufrufe der Welterbefreunde aus aller Welt sind ebenfalls ungehört über den zerfurchten Elbwiesen verhallt, die jetzt winterliche Tristesse dürftig bedeckt. Manchmal klären ältere Herrschaften ihre angereisten Verwandten vor Ort über jenen rätselhaften Streit auf. Vereinzelt werden Fotos gemacht für digitale Bilderhalden auf heimischen PCs.

Vielleicht steigt das Interesse am Bau im Frühjahr wieder, aber für die kommenden Wahlkämpfe scheint das Thema vorerst erledigt. Die politischen Akteure werden sich bemühen, das leidige W-Wort zu vermeiden. Konservative verzichten seit Monaten auf allzulautes Frohlocken. Vielleicht spüren manche, mit Brücke und Titelverlust langfristig einen Pyrrhussieg errungen zu haben. Vielleicht auch glauben sie fest und still an einen diplomatischen Erfolg ihrer Oberbürgermeisterin. Indes meinen Teile des linken Lagers, den Konflikt abhaken und nach vorne sehen zu müssen, denn die Stimmungslage vieler Bürger scheint klar. Sie sollen nicht mit unrealistischen Forderungen verschreckt werden. Sachsens Presse hat den Schlussstrich zum Thema längst gezogen und ist in die journalistische Unverfänglichkeit zurückgekehrt: Dresden – ein rauschendes Fest vor barocker Kulisse. Und dennoch: Dresdens Politiker könnten erneut die Beharrlichkeit unterschätzen, mit der die Bürgerinitiativen eine Zerstörung des Elbtals noch immer zu verhindern hoffen.

Nur ein Wunder könne das Welterbe noch retten, hört man gelegentlich. Damit rechnet freilich niemand mehr. Im Gespräch ist das eher als höfliche Bitte gemeint, das Thema zu wechseln. Eine überraschende Wendung ist nach dem Scheitern der letzten Welterbeanträge in Stadtparlament und Landtag nur noch von juristischer Seite zu erwarten. Aber auch da verheißen die bisherigen Entscheidungen aus Sicht der Welterbefreunde nichts Gutes.

Nach den gerichtlichen Verfahren waren die Enttäuschungen für viele besonders bitter. Das juristische Tauziehen um Waldschlösschenbrücke, Welterbe und das Bürgerbegehren Tunnelalternative hat das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz nachhaltig erschüttert. Es scheint, als würden diejenigen bestätigt, die in der langjährigen Alleinherrschaft der sächsischen Union während des Aufbaus rechtsstaatlicher Strukturen eine kaum korrigierbare Weichenstellung für die problematische Verquickung der drei Gewalten sehen. Zählt man den Unionseinfluss auf die öffentlich-rechtlichen Medien, die Wirtschaftskammern und -verbände hinzu, ergibt sich eine Machtkonzentration, die vieles zu erklären scheint.

Dass weder ein offenbar bis in kleinste Verästelungen ausbalanciertes politisches Regelwerk noch die, wie manche meinen, beste Rechtssprechung der Welt eine befriedigende Antwort auf eine Konfliktsituation wie den drohenden Welterbeverlust finden, lässt manchen die Frage nach der Sinnhaftigkeit des demokratischen Prinzips als Ganzes stellen.

Aber wie kann es weitergehen? Schließen sich die vermeintlich Unterlegenen des jahrelangen Streites dem Trend zur Stimmverweigerung als letztmöglicher Protestform an? Kann der Welterbegedanke auch nach Verlust des Titels in anderer Form weitergetragen werden? Auch ein drittes wäre denkbar: Wird sich am Ende, wie manche hoffen, eine künstliche Aufregung einfach legen und nach einigen Jahren vergessen sein?

Alle drei Optionen können nicht wirklich dem erlebten Eingriff in eine Fülle bürgerlicher Bindungen gerecht werden, die der Begriff Zuhause nur ungenügend beschreibt. Es gehört zu den häufigen Missverständnissen, dass die Welterbeerhalter ein statisches Heimatverständnis verteidigen würden; das Gegenteil ist der Fall. Für die meisten ist das Welterbeengagement eher ein nach-Hause-finden. Für sie wird eine überfällige Wertediskussion geführt. Die Bereitschaft, hinzunehmen, dass hyperaktive Aufbauhelfer allerletztes Brachland mit Investruinen und Parkhäusern befrieden, scheint für viele endgültig erschöpft. Als Erklärung für die Härte des jahrelangen Streites reicht dies allerdings nicht.

Welche adäquate Auflösung des Konfliktes ist also denkbar? Beide Seiten haben während aller Eskalationsstufen den Welterbestreit immer wieder auch zu einer Kontroverse über das jeweilige Demokratieverständnis des Gegenübers gemacht. Naturgemäß diejenige Partei besonders heftig, die in der Auseinandersetzung Boden zu verlieren drohte. Was vielleicht eher als Delegitimierungsargument gedacht war, traf dennoch einen zentralen Aspekt. Fragen nach dem eigenen Demokratieverständnis und eine offensive Auseinandersetzung mit der demokratischen Situation in Sachsen können deshalb auch die Option sein, die perspektivisch eine angemessene Antwort auf eine bisher unversöhnte Situation in Aussicht stellt. Hier lassen sich die Instrumente für eine faire Bewertung und Einordnung des Konfliktes finden. Aber wie wird diese Demokratie im Jahr der Gedenkfeierlichkeiten fassbar jenseits der Proklamationen?

Der Befund ist ernüchternd und reicht weit über die Welterbeproblematik hinaus. Zum verlorengegangenen Vertrauen in Rechtsstaat und Institutionen kommt hinzu: Es hat bekanntermaßen für viele von Beginn an nicht bestanden. Ein unpopulärer, gleichwohl gewichtiger Grund für diese Unbehaustheit darf durchaus im Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23 gesehen werden. Auf eine verfassungsgebende Meinungsbildung in Gesamtdeutschland wurde damit verzichtet. Darauf hinzuweisen bleibt nötig angesichts einer erschreckenden Geschichtsglättung, wie sie die Union mit ihrem Strategiepapier „Geteilt. Vereint. Gemeinsam. Perspektiven für den Osten Deutschlands“ von Ende letzten Jahres vorantreibt. Auch wenn ehemalige DDR-Bürger 1990 andere Sorgen hatten, als sich im Vereinigungstaumel mit staatsrechtlichen Fragen zu beschäftigen, auch wenn der Verzicht auf die Schaffung einer gemeinsamen Verfassung in den Augen vieler damals die richtige Entscheidung in einer Krisensituation gewesen sein mag; die langfristigen Folgen waren fatal: Demokratische Strukturen wurden hastig installiert wie die Filialen der Kaufhausketten; oft genug mit dazugehörigem Personal.

Wer sich heute also darüber beklagt, dass in den neuen Ländern Zustimmung und Verinnerlichung von demokratischen Werten auf niedrigem Niveau stagnieren oder zurückgehen, muss sich fragen, wann und wie gesellschaftliche Teilnahme erlernt werden konnte. Bei der Besetzung von Schlüsselpositionen in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und öffentlich-rechtlichen sowie privaten Medien gab es offenbar nur wenig Vertrauen in das Potential der hiesigen Bevölkerung. Antworten auf Fragen, die der Neubundesbürger noch gar nicht gestellt hatte, waren längst erteilt. Gesellschaftlicher Gestaltungswille, der bereits in der untergegangenen DDR von einer Staatsführung vornehmlich aus Angst verhindert wurde, war auch bei den neuen Herren wenig gefragt.

Anlass zur Zuversicht gibt es dennoch. Das Grundgesetz mag aufgrund schwerer Versäumnisse der Wiedervereinigung bei vielen Neubundesbürgern bis heute nicht nicht angekommen sein. Das förderale Pendant genügt durchaus den Vorstellungen demokratischer Legitimation. Bedauerlich bleibt zwar, dass die Sachsen über diese Landesverfassung nicht direkt abstimmen konnten. Die hehren Staatsziele, die sie formuliert, sind der Bevölkerung nahezu unbekannt geblieben. Wer sich die Verfassung des Freistaates genauer anschaut, wird leicht eine bemerkenswerte Modernität feststellen. Nicht wenige Welterbefreunde werden von der Willensbekundung der Präambel zur Bewahrung der Schöpfung überrascht sein. Ökologische und kulturelle Ausrichtung der Artikel 1, 10 und 11 tragen die Handschrift tief verstandener Verantwortung. Hier gibt es eine erhebliche Chance: Mit Blick auf eine inhaltlich und intellektuell erschöpfte Union, die die Bevölkerung seit Jahren auf ein sachsentümelndes Zusammengehörigkeitsgefühl einschwört, um eigene Macht zu zementieren, wirken die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Freistaats fast subversiv. Diese Verfassung darf ruhigen Gewissens empfohlen werden als Fundament eines erneuerten demokratischen Engagements. Den Verfassungsanspruch in Verfassungswirklichkeit umzusetzen, sollten die Bürger zunehmend selbstbewusst einfordern.

Weiterentwicklungen schließt das freilich nicht aus. Das Verhältnis von repräsentativer Demokratie und direktdemokratischen Elementen bedarf unvoreingenommener öffentlicher Aufklärung und Diskussion. Es wird an dieser Stelle über die vielfältigen Formen von Mehrheitsbestimmungen zu berichten sein.

Welterben in den Stadtrat!

Die Welterbebewegung in Dresden ist eine bürgerschaftliche Bewegung, die im Spannungsfeld einer schwerwiegenden politischen Auseinandersetzung agiert und damit – gewollt oder nicht – auch zu einer kommunalpolitischen Kraft geworden ist.

Die Welterbebewegung hat sich immer als überparteilich verstanden. Viele Anhänger der Welterbebewegung sind unterschiedlichen parteipolitischen Spektren zuzuordnen.

Die Welterbebewegung verfolgt ein einziges kulturpolitisches Ziel: den Erhalt des Welterbes in Dresden ohne Wenn und Aber.

Als Bürgerbewegung mussten wir zu unserem Entsetzen feststellen, dass dieses Ziel nicht von allen Ausformungen lokaler Parteipolitik geteilt wird. Unsere Analyse ergab, dass über den Welterbegedanken hinaus in Dresden ein krasser Widerspruch zwischen selbst formuliertem Anspruch als Kulturstadt von europäischer Bedeutung und tatsächlichem Verhalten vieler politischer Entscheidungsträger besteht.

Auf gut Deutsch: Eine Stadt, die (analog zum Weltwirtschaftsforum) ein Weltkulturforum schaffen will, kann nicht gleichzeitig aktiv das Weltkulturerbe verspielen. Dieser von uns wahrgenommene und als sehr schmerzhaft empfundene Widerspruch führte die Welterbebewegung zu dem Entschluss, sich aktiv in die Dresdner Kommunalpolitik einzumischen.

Wir haben allen unseren Anhängern empfohlen, je nach parteipolitischer Ausrichtung aktiv den Weg in das Dresdner Stadtparlament zu suchen. Unser Anspruch ist eine Verankerung des Welterbegedankens und seiner universell gültigen und von der internationalen Staatengemeinschaft formulierten Ideen in allen Dresdner Stadtratsfraktionen.

Dresden braucht dringend einen neuen Geist des kulturvollen und bürgerschaftlichen Miteinanders!

Alle Bürger Dresdens, denen dieses Ziel auch eine Herzensangelegenheit ist, sind aufgerufen, sich aktiv für unsere Stadt zu engagieren!

Eduard Zetera
ist ein wenig ernüchtert.

Das heutige Interview der Woche mit dem Sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich im Deutschlandfunk war in mehrerlei Hinsicht aufschlussreich:

Zunächst einmal durften sich all jene, die schon immer den Verdacht hegten, dass es von Stanislaw Tillich bis zu einem brillanten Rhetoriker noch ein Stück Weg ist, spätestens jetzt endgültig bestätigt fühlen. Allein zwei mal verleiht er seiner Überzeugung Ausdruck, dass „a) das Unternehmen [Qimonda]“ das eine oder andere tut oder lässt – aber ein „b)“ sucht man in seinen anschließenden Ausführungen vergeblich. Wer „a)“ sagt, muss aber auch „b)“ sagen, Herr Tillich!

Nun würde Stanislaw Tillich Ungerechtigkeit widerfahren, wenn die Kritik an seinen Statements sich lediglich in derartigen Oberflächlichkeiten erschöpfte. Dazu aber gibt es keinen Grund. Mit Stanislaw Tillich hat Sachsen einen Ministerpräsidenten, dem es gelungen ist, inzwischen ganze neun Monate praktisch unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle hinwegzuamtieren – sieht man einmal von der Diskussion um seine Blockflötenvergangenheit ab (deren Aufkochen gleichwohl nicht ihm als Verdienst angerechnet werden kann). Wohlmeinende werden jetzt vermuten, er gehe getreu dem Motto „No news is good news.“ effizient und zugleich geräuschlos seinen Verpflichtungen nach. Doch dem ist nicht so. Für Stanislaw Tillich gilt vielmehr „No news is no news.“

Vorweg: Zur Einordnung des Interviews ist es wichtig zu wissen, dass ihm sonntags um 11:05 Uhr ein attraktiver Sendeplatz vorbehalten ist, dass ihm mit 25 Minuten Dauer außerordentlich viel Raum gegeben wird und dass es kein Life-Interview ist (man kann bereits Sonntag früh im Internet lesen, was mittags zu hören sein wird). Aufgrund der großen Reichweite des Deutschlandfunks darf man also annehmen, dass der Sächsische Ministerpräsident keinesfalls unvorbereitet war. Um so überraschender ist es denn auch, dass das Interview nicht nur farblos war, sondern von geradezu bemerkenswerter Substanzarmut.

Stanislaw Tillichs Interview enthält keinen Beleg für den vorgeblichen Erfolg seines Wirkens: Auf das „Musterländle Ostdeutschlands“ angesprochen, erklärt er: „Wir haben im Jahr 2008 die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1991 gehabt.“ Das mag stimmen. Schaut man sich aber die Arbeitsmarkt-Statistik der Arbeitsagentur einmal etwas genauer an, erkennt man leicht, dass bei den Arbeitslosenquoten im Jahresdurchschnitt 2008 zwischen Westdeutschland (6,4%) und Ostdeutschland (13,1%) eine unverändert riesige Lücke klafft, und dass (wenn überhaupt) Thüringen mit 11,3% als „Musterländle“ gelten darf – denn Sachsen hat 12,8% Arbeitslose. Und der Unterschied zu 14,1% in Mecklenburg-Vorpommern ist wohl leichter mit der traditionell besseren Industrialisierung des Südens von Ostdeutschland zu erklären als mit den (fragwürdigen) Erfolgen CDU-dominierter sächsischer Wirtschaftspolitik. Da sind gut dreistellige Millionenbeträge in den Dresdner Heidesand gesetzt worden – und nicht nur einmal und nicht nur dort.

Stanislaw Tillichs Interview ist praktisch frei von Visionen. Da ist nichts zu kommentieren. Da ist einfach nichts. Ein Landesvater, der sein Bundesland in einer tiefen Krise – wenn schon nicht wirtschaftlich, dann doch zumindest moralisch – wieder aufbaut, klingt anders. Auch sein Vorschlag (mit Verweis auf das Konjunkturpaket der Bundesregierung), eine Schuldenbremse in die Verfassung einzubauen, sollte nicht als Vision missverstanden werden. Diese Idee ist weder originell noch neu, sie ist allemal naheliegend. Jede Hausfrau wirtschaftet so, nur eben der Staat nicht. Im übrigen hat er keinen Grund, mit Verweis auf die sächsische Finanzpolitik andere zu belehren. Es mag sein, dass Sachsen „die höchste Investitionsquote aller deutschen Bundesländer“ hat – was das für Investitionen sind, lässt sich gerade am Beispiel Qimonda sehr gut beobachten. Und wenn „Sachsen immer besonders sparsam und besonders stolz auf die besonders niedrige Pro-Kopf-Verschuldung“ ist, dann doch nur noch so lange, bis die Abschlussrechnung zur SachsenLB-Pleite gestellt wird. Wenn die Redakteure des Deutschlandfunks dennoch die Geschichte von der Schuldenbremse als Kernaussage des Interviews in den Nachrichten des Tages wiederholten, dann wohl nur mangels weiterer Substanz. Wir werden in den folgenden Tagen sicher beobachten können, wie das die hiesigen Hofberichterstatter zur revolutionären These hochstilisieren.

Stanislaw Tillichs Interview lässt gleichwohl etwas von seinem Politikkonzept erkennen: Er befasst sich fast ausschließlich mit Wirtschaftsfragen. Bis auf einen kleinen, bemerkenswerten Satz:

Und ich will es nicht vergessen: Wir werden auch darauf Augenmerk legen, dass auch zum Beispiel die weichen Standortfaktoren, das heißt Kultur, nicht gänzlich unter den Tisch fallen.

Das ist verräterisch: besagt es doch, dass die „weichen Standortfaktoren“ seiner Ansicht nach schon unter den Tisch gefallen sind, nur eben noch nicht gänzlich.

Man kann von Stanislaw Tillichs Vor-Vorgänger Kurt Biedenkopf (u.a. in Weltkulturerbedingen) denken wie man will, aber auf die Wahrung von Mindeststandards in Bildung, Kultur und Sozialem hat er stets Wert gelegt. Georg Milbradt ist dies als dessen Finanzminister schon immer schwer gefallen und als dessen Nachfolger war ihm solches schlicht egal. Mit Georg Milbradt hat in Sachsen ein kalter, technokratischer Regierungsstil Einzug gehalten, der Diskussionen über „weiche Standortfaktoren“ bestenfalls als sozialromantische Gefühlsduselei einstuft. Der etwas eingeübt klingende Satz im Interview: „Und ich will es nicht vergessen … Da gibt es das eine oder andere …“ vermittelt, dass Stanislaw Tillich hier für Kontinuität steht.

Was er dabei vergisst: Gute Werte bei den „weichen Standortfaktoren“ sind unabdingbare Voraussetzung für Erfolg bei den „harten Standortfaktoren“. Das ist eine Binsenweisheit: Wer das eine will muss das andere mögen.

Wer A sagt, muss auch B sagen, Herr Tillich!

Insofern war es wohl schlichtweg naiv, nach dem Wechsel von Georg Milbradt zu Stanislaw Tillich im Amt des Sächsischen Ministerpräsidenten auf einen Wechsel in der UNESCO- und Brückenbaupolitik des Freistaats zu hoffen.

Im übrigen lernen wir in dem Interview nicht nur etwas über Stanislaw Tillich: Er ist erst vor wenigen Tagen mit 99% Zustimmung von den Delegierten seiner Partei zum Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl gekürt worden. Das heißt, die sächsische CDU steht vorbehaltlos hinter seinem Politikkonzept: Technokratisch, kalt, substanzarm und visionsfrei.

Mittlerweile sind alle verfügbaren Redebeiträge vom Neujahrsempfang der Welterbebewegung auf unserer WebSite veröffentlicht. Das Programm der Veranstaltung enthält nun auch Links auf diese Dokumente sowie weiterführenden Informationen.

Redebeitrag von
Thomas Löser
zum Neujahrsempfang
der Welterbebewegung Dresden

Liebe Freunde,

ich habe die ehrenvolle Aufgabe übertragen bekommen, einen Rückblick über die Aktivitäten der Welterbebewegung zu geben. Bei der Vorbereitung zu diesem Beitrag habe ich versucht, die wichtigsten Ereignisse des letzen Jahres zusammenzustellen und ich bin daran gescheitert. Nicht weil ich die Ereignisse nicht mehr erinnern konnte – denn dankenswerter Weise hatte mir Herr Karthaus eine Chronik derselben zusammengestellt –, nein, es ist auf Grund der Fülle der Ereignisse schier unmöglich, darüber einen erschöpfenden Bericht zu geben. 7 Seiten zählt die Chronik der Ereignisse. Sieben Seiten A4 geben Zeugnis von unseren Anstrengungen zur Rettung des Welterbes.

Diese beeindruckende Aufzählung, liebe Dresdner, ist nur möglich durch Euern unermüdlichen Einsatz für unser Welterbe. Dafür Euch allen herzlichen Dank.

Lassen Sie mich als Sprecher des Vereins „Welterbe Erhalten durch Tunnelalternative am Waldschlösschen“ kurz auf unsere wesentlichen Aktionen zur Rettung des Welterbes eingehen:

Ausgangspunkt der Anstrengungen unserer Bürgerinitiative Elbtunnel Dresden, welche letztendlich zum Bürgerbegehren führten, war die Auflösung einer politisch verfahrenen Situation, bei der es unserer Meinung nach den politischen Kräften in Dresden nicht mehr gelang, den seit 2006 sichtbaren Konflikt zwischen der Umsetzung des Bürgerentscheids pro Waldschlößchenbrücke und dem Welterbestatus der UNESCO zu lösen.

Die politischen Parteien hatten sich durch die lang anhaltende Diskussion über die Standortfrage und die Dimensionierung des Verkehrszuges sowie überhaupt über die verkehrspolitische Notwendigkeit einer Elbquerung an dieser Stelle verrannt. Die Idee, einen Tunnel zu bauen als Kompromiss, der allen Ansprüchen gerecht wird, lag unserer Meinung nach auf der Hand. Nur musste dieser Vorschlag offensichtlich von Unbeteiligten – also aus der Bürgerschaft – kommen.

Frau Ringbeck (die Deutsche UNESCO-Verantwortliche) hatte hier im Dresdner Stadtrat bereits 2006 diesen Vorschlag zur Lösung des Problems unterbreitet, nachdem er ja bereits 2004 durch die Bürgerinitiative Verkehrsfluss und die Grüne Liga beim Planfeststellungsbeschluss in die Diskussion eingebracht worden war.

Bevor wir in die Öffentlichkeit gingen, haben wir Gespräche mit Herrn Rohwer, Herrn Mücke, Herrn Brauns, Herrn Reuters und Herrn Baumann geführt. Ziel dieser Gespräche war es, den politischen Handlungsspielraum auszuloten, denn es war klar: wenn es vorab keine Lösung geben würde, wird dieses Thema zum Wahlkampthema 2008 werden und dies wird zu einer weiteren Verhärtung der Positionen führen müssen. Genau so ist es ja auch gekommen.

Leider brachten die Gespräche keine Ergebnisse – außer, dass die Brückenbauer einige Wochen später mit ihrer bis heute – ich will es einmal vorsichtig formulieren – Kampagne gegen den Elbtunnel begannen.

Uns blieb nun nichts anderes übrig, als sozusagen auf eigene Faust an die Öffentlichkeit zu gehen und politische Partner für unser Vorgehen zu suchen. Und dies, liebe Freunde, war nicht leicht. Vielen von uns fiel es schwer, diese an sich überdimensionierte Verkehrsplanung – welche, wie wir aus den aktuellen Verkehrsaufkommenszahlen der Stadt wissen, verkehrspolitisch höchst fragwürdig ist – auch mittels eines Tunnels als Kompromiss zu akzeptieren. Aber der Ausgangspunkt unserer Überlegungen war immer: Es gibt einen Bürgerentscheid – den pro Brücke – der gilt, ohne wenn und aber. So sind die Spielregeln innerhalb unserer Demokratie.

Aber wenn offensichtlich wird, dass sich auf Grund des alten Bürgerentscheids ein Konflikt mit dem Welterbestatus in Dresden anbahnt, muss es doch möglich sein, eine Lösung zu finden, die alle Seiten gerecht wird. Unsere Formel lautete schlicht und banal: Verkehrslösung + Welterbe = Elbtunnel.

Die Behauptung, die „Tunnelleute“ wollen gar nichts erreichen – eine Behauptung, welche erneut unwidersprochen in der letzten Stadtratssitzung zum Thema Welterbe geäußert wurde –, ist mittlerweile eine der Lebenslügen der sog. Brückenbauer (oder besser Welterbezerstörer) geworden. Sie haben sie nie belegt, sondern einfach nur aufgestellt, weil sie für ihr aggressives Konzept der Bekämpfung der Welterbebewegung notwendig ist. Ohne Behauptungen wie: der Tunnel ist nicht machbar, der Tunnel ist zu teuer, die UNESCO will keinen Tunnel, die Dresdner wollen keinen Tunnel, die UNESCO wusste ja alles, die UNESCO ist nicht verhandlungsbereit, die UNESCO ist eine willkürlich entscheidende, undemokratische Organisation hätten die sog. Brückenbefürworter keine Argumente.

Zur Legende: „Die UNESCO wusste ja alles.“ kann ich nur immer wieder auf unsere WebSite Elbtunnel-Dresden.de verweisen. Es ist unzweifelhaft, dass es Unstimmigkeiten seitens der Bewertung von ICOMOS gegeben hat. Aber genauso unzweifelhaft ist es, dass es die Aufgabe der Stadt Dresden und des Freistaates war, die ihnen bekannten Fehler in den Antragsunterlagen zu beseitigen. Das Gegenteil war der Fall. Herr Feßenmaier und der sonst um das Welterbe und Dresden so verdiente Herr Glaser haben in China die UNESCO bewusst im Unklaren gelassen und damit die verhängnisvolle Entwicklung beschleunigt, wenn nicht sogar bewusst herbeigeführt.

Es wurde in den Wochen vor genau einem Jahr klar, dass wir bei den politisch Verantwortlichen mit unseren Bitten zum Erhalt des Welterbes nichts erreichen würden. Also entschlossen wir uns dem Souverän, dem Volk, noch einmal die Möglichkeit zu verschaffen, über diesen schwierigen Sachverhalt abzustimmen. Denn kaum einem Dresdner war 2005 – als über die Waldschlößchenbrücke abgestimmt wurde – klar, dass Dresden deswegen den Welterbetitel verlieren würde. Man kann sich ja auch an dieser Stelle einmal fragen: Wie zulässig ist eigentlich ein Bürgerentscheid der de facto zur Aberkennung eines Welterbtitels führt. Wieso kann es so etwas eigentlich geben?

Leider mussten wir in den folgenden Wochen des Jahres 2008 feststellen, dass von Seiten derjenigen, die das Welterbe bewusst aufs Spiel setzten, alles unternommen wurde, um unsere Bürgerbegehren zu behindern.

Unser Bürgerbehren begann mit einer Pressekonferenz vor genau einem Jahr in den Räumen unseres Büros auf der Waldschlößchenstraße. Allen Unkenrufen zum Trotz waren wir trotz eisiger Kälte in der Lage, innerhalb der nächsten Wochen 50.000 Unterschriften zu sammeln. Dabei kämpften wir nicht nur gegen die Kälte, sondern auch gegen Widerstände, die wir so alle nicht vorhergesehen hatten:

  • Es gab organisierte Störungen an den Sammelständen.
  • Die Ingenieurkammer schaltete in einer großen sächsischen Tagszeitung eine Anzeige, welche wie ein redaktioneller Beitrag aussah. Darin gab sie die oben bereits benannten Wundergeschichten über einen Tunnel zum Besten. Alles Behauptungen, die vor dem Verwaltungsgericht und bei der Tunnelklausur an der TU widerlegt worden sind.
  • Das Regierungspräsidium erklärte das Bürgerbegehren schon mal vorab für unzulässig, da es an der Kostendeckung scheitern würde, – bereits vor Bekanntgabe der Formulierung der Fragestellung.
  • Das Amtsblatt der Stadt Dresden gab die Behauptungen der Ingenieurkammer und die Ansichten von Herrn Sittel und Herrn Koettnitz wieder – ohne Autorennennung und erweckte damit den Eindruck einer offiziellen Verlautbarung.
  • Eine Arbeitsgruppe von Herren Sittel und dem Regierungspräsidium stimmte das gemeinsame Vorgehen von Stadt und Freistaat gegen das Bürgerbegehren ab.
  • Die CDU Dresden verteilte ein Faltblatt mit den immer wiederkehrenden Behauptungen der Brückenbauer, unser Bürgerbegehren sei eine Lüge, es gäbe überhaupt keine Tunnelplanungen und vor allem der Tunnel ginge ja sowieso nicht.
  • Der Oberbürgermeister Vogel schrieb einen Brief an Herren Bandarin, in dem er erklärt, ein Tunnel ginge nicht und die Dresdner wollen auch keinen Tunnel.
  • Mit den demagogischen Einlassungen des sog. Brückenmännchens im Sächsischen Boten wurden systematisch Zweifel in der Dresdner Bevölkerung gestreut.
  • Öffentlich wurde Stimmung gegen die UNESCO und das Welterbe geschürt, die in den unglaublich peinlichen Entgleisungen unserer ehemaligen Ministerpräsidenten Biedenkopf und Milbradt ihren Höhepunkt fanden.

All diese Aktivitäten hatten das Ziel, unser Bürgerbegehren zu erschweren. Als klar wurde, dass wir die erforderliche Stimmen trotzdem gewinnen würden, wurde auf Plan B umgeschaltet. Der sah vor, das Bürgerbegehren rechtlich zu verhindern. Auch dies wurde vorab schon mal angekündigt, natürlich nur vertraulich und ohne Quellennachweis.

Festzuhalten bleibt: In der Sache gab es drei Versuche, einen Bürgerentscheid herbeizuführen: zum Mehrbrückenkonzept (initiiert von der PDS), zur Waldschlößchenbrücke (initiiert von CDU, FDP und ADAC) und zum Elbtunnel (initiiert von der Welterbebewegung und den Welterbefraktionen). Nur einer wurde am Ende zugelassen, und der wird auf Teufel komm raus umgesetzt – der zur Waldschlößchenbrücke. Alle anderen wurden mit den wildesten Konstruktionen verhindert.

Was wir hier vorfinden, ist eine vordemokratische Situation, und das ist etwas, was wir uns auch längerfristig nicht bieten lassen dürfen. An diesem Punkt ist die Demokratie in Sachsen – aus parteipolitischem Kalkül – schwer beschädigt wurden. Wir haben nicht undemokratisch gehandelt, als wir nach drei Jahren Bindungsfrist eine neues Bürgerbegehren starteten. So sieht es die Gemeindeordnung, gerade für diese schwierigen Fälle, vor. Wir haben lediglich versucht, den Dresdnern die Chance zu geben, in dieser so wichtigen Frage selber zu bestimmen, ob sie Welterben bleiben wollen oder nicht. Dass dies verhindert wurde und wird, ist ein Skandal, der in seiner Dimension gerade erst erkannt wird.

Ich möchte an dieser Stelle Ihnen allen noch einmal recht herzlich danken. Sie haben – egal, wie diese Geschichte ausgeht; und wir alle sind Realisten genug zu wissen, dass die Chancen für den Erhalt des Welterbetitels nicht gut stehen – bewiesen, dass es in dieser Stadt ein kulturelles Gewissen gibt, das nicht bereit ist, geschätzte drei Minuten Zeiteinsparung im Stau gegen ein Adelsprädikat wie den Welterbetitel einzutauschen. Vor allem, weil sie ja dann trotzdem noch zwölf Minuten im Stau stehen.

Sie haben bewiesen, nicht zuletzt durch Ihre enorme Spendenbereitschaft, dass in dieser Stadt tatsächlich Welterben der Herzen leben, allerdings anders, als dies Herr Mücke meinte.

Die größte Auszeichnung für uns alle und zugleich einer der für mich persönlich ergreifendsten Momente ist eine Begebenheit die Michael Kaiser und Ralf Weber aus Quebec erzählten: Als sie das Rederecht erhielten und vor den Delegierten der UNESCO-Konferenz die Möglichkeit bekamen, um ein weiteres Jahr auf der roten Liste zu bitten, und berichteten, welche ungeheuren Anstrengungen seitens der Bürgerschaft hier in Dresden unternommen wurden, standen die Delegierten der UNESCO am Ende des Vortrages spontan auf und applaudierten minutenlang. Ein Vorgang, den es so noch nicht gegeben hat.

Lassen Sie mich in diesem Sinne schließen und Sie bitten: Bleiben Sie aktiv im Rahmen unserer Bürgerbewegungen!

Wir kämpfen hier nicht gegen ein Bauwerk, sondern wir setzten uns ein für die Bewahrung dieses einmaligen historisch gewachsenen Natur-, Landschafts- und Erholungsraumes.

Wir setzten uns ein für den Erhalt – oder besser die Wiedererlangung – der kulturellen Identität unserer Stadt, wir setzten uns ein, für den Erhalt des Erbes unserer Vorfahren.

Wir setzten uns vor allem ein für diese unsere Stadt Dresden, die, wenn sie auch vieles nicht ist, eines aber ganz gewiss: eine mit einem besonderen künstlerischen Genius Loci gesegnete Stadt.

Am Freitag, dem 30.01.2009, findet um 17:00 Uhr in der Evangelischen Jugendbildungsstätte, Heideflügel 2, eine Diskussionsveranstaltung und Bürgerwerkstatt zum Thema „Verkehrsplanung im Zwiespalt zwischen Fördermittel-Ideologie und Stadtteilverträglichkeit“ statt. Teilnehmen werden:

  • Prof. Dr. Udo Becker,
    Inhaber des Lehrstuhls für Verkehrsökologie an der TU Dresden,
  • Christiane Filius-Jehne,
    stellvertretende Sprecherin der bündnis-grünen Fraktion,
  • Stephan Kühn,
    verkehrspolitischer Sprecher der bündnis-grünen Fraktion sowie
  • Loschwitzer Ortsbeiräte.

Die geplante Sanierung der Bautzner Landstraße ist eines der wichtigsten Vorhaben im Ortsamtsbereich Loschwitz. Eine klare Antwort auf die Frage, wie saniert werden soll, ob rein fördermittelorientiert oder stadtteilgerecht, ob schwerpunktmäßig zugunsten des Autoverkehrs oder in einer Weise, die auch den Anwohnern, den Gewerbetreibenden, den Fußgängern und Fahrradfahrern und der Straßenbahn gerecht wird, ist bislang von der Verwaltung nicht gegeben worden. Es liegen zwar zwei Planungsvarianten vor, von der die eine deutlich stadtteilverträglicher ist als die andere. Der jüngste verkehrspolitische Kurswechsel im Rathaus (siehe Kesselsdorfer oder Königsbrücker Straße) gibt jedoch zu der Befürchtung Anlass, dass ohne Not in die Vorgärten eingegriffen wird, dass den Gewerbetreibenden dringend benötigte Parkplätze genommen werden und durch unnötige Baumfällungen das harmonische Stadtbild der Stadtteile zerstört wird.

In der Bürgerwerkstatt wollen wir zum einen grundlegende Gedanken zum zeitgemäßen Straßenausbau erörtern und freuen uns, hierfür Prof. Udo Becker von der TU Dresden gewonnen zu haben. Zum anderen möchten wir die Bürgerinnen und Bürger einladen, sich aktiv in die konkrete Planungsdiskussion einzubringen.

Ansprechpartnerin ist Christiane Filius-Jehne.

Das chinesische Jahrhundert

Ein Zwischenruf
von Johannes Hellmich

Der polytechnisch ausgebildete Oberschüler erlebte mit dem Verschwinden seiner real existierenden Erfahrungswelt vor allem eines: die massenhafte Auflösung scheinbar eherner Gesetze, nach denen Natur und Gesellschaft auf geheimnisvolle Weise organisiert zu sein schienen. Zu den letzten Fixpunkten weiterer Navigationsversuche gehörte zweifellos die Lehre vom Erhalt der Energie – ein dem Schüler zunächst unnütz erscheinender Glaubenssatz, der seine tröstliche Wirkung erst im Laufe späterer Umbrüche des so genannten wirklichen Lebens entfalten konnte.

Als rastloser Wanderer zwischen den Welten durfte der frisch gebackene Neubundesbürger zuerst Zeuge eines einmaligen Entsorgungsprozesses werden und dann Mitgestalter eines ebenso gewaltigen Aufbauwerkes. War er bisher um die Früchte seiner Arbeit von einer unfähigen Politikerkaste offenkundig betrogen worden, so schien der Lohn für seine Mühen jetzt auf wundersame Weise in Form von Transfermilliarden zurückzukehren. Das spornte an. Die Erfolge machten stolz. Der Einklang mit dem Kosmos war vorläufig wieder hergestellt.

Jener Aufbauwille, der sich im ostdeutschen Musterländle unter der Obhut einer fürsorglichen Partei bis heute gedeihlich fortsetzt, bedarf gleichwohl der Einordnung – insbesondere im Interesse weiterer Entwicklungshilfe. Gibt es also Vorbilder für die sächsische Erfolgsgeschichte? Die vergleichende Völkerkunde zieht für Untersuchungen von Hochkulturen gern die vornehmsten Zeugnisse der Architekturgeschichte heran: Großprojekte, welche die Organisation gewaltiger Menschenmassen und Geldsummen voraussetzen, beschreiben kulturelle Leistungen auf das Anschaulichste.

Wer nun die jüngsten Fortschritte am Jahrhundertbauwerk Waldschlößchenbrücke objektiv-distanziert, aber doch wohlwollend verfolgt, dem drängen sich Parallelen auf, die weit in Raum und Zeit zurückreichen. Das eindrucksvolle Beispiel sächsischen Gestaltungswillens – welches nur bei missmutig gesonnenen Zeitgenossen zuweilen noch Unverständnis oder gar Widerspruch auslöst – steht mitnichten isoliert in der Architekturgeschichte der Völker: China, das Reich der Mitte, schuf vor Jahrhunderten ein Bauwerk, das ebenfalls völlig zu Unrecht zum Synonym für scheinbar sinnlose Gigantomanie wurde: Die Große Chinesische Mauer.

Es ist viel darüber spekuliert worden, warum Volk und Führung Chinas an einem offensichtlich nutzlosen Vorhaben über viele Generationen hinweg festhielten. Erst der Prager Schriftsteller Franz Kafka kam den tieferen Gründen für jenen umstrittenen Mauerbau wirklich nahe. Gerade die schleichende Abtrennung des Bauwerks von einem zunächst vorgefassten profanen Zweck (nämlich der Abwehr von Barbaren-Angriffen aus dem Norden) ermöglichte die Überführung in eine transzendente Sinngebung: Die Realisierung eines großartigen Gemeinschaftswerkes, das aufgrund seiner scheinbaren Nutzlosigkeit eine tiefe Verbindung, ja eine Art Komplizenschaft zwischen Kaiser und Volk schuf und Grundlage einer langen Stabilitätsphase des Reiches wurde. Zweckgebundene Bauten, wie der babylonische Turm, waren schon damals warnende Beispiele: großartige Tempel wurden regelmäßig von Andersgläubigen zerstört, Grabstätten geplündert. Die weise Führung der Chinesen aber lehnte es – hier sind die sächsischen Herrscher noch etwas zögerlich – irgendwann ab, einen praktischen Nutzen der tausende Kilometer langen Mauer weiter zu verfolgen. Weder als Aussichtsplattform, noch als architektonische Leistung, noch eben als Schutz (Barbaren-Angriffe waren schon länger vor Beginn des Mauerbaus rückläufig) sollte sie vorderhand dienen, ja nicht einmal als Standortinvestition hätte sie gelten können. Nein, China galt sich selbst als Mittelpunkt der Welt. Paradox, aber gerade das Offenhalten einer letzten Absicht wurde zum Erfolgsgeheimnis der Großen Mauer.

Die Chronik der Vorgeschichte zum Bau der Großen Chinesischen Mauer ist heute nicht mehr zu entwirren. Der einfache chinesische Bauer hatte gelernt, der Klugheit des Kaisers zu vertrauen und leistete mit Freude seinen Beitrag. Gesichert scheint nur, dass ursprünglich auf die Bitte eines Dorfes an der nördlichen Reichsgrenze um Schutz vor Übergriffen umherziehender Räuberbanden der zuständige Minister die Idee einer gewaltigen Mauer hatte. Überliefert ist der Ausruf: „Wir bauen diese Mauer oder keine!“

Zahllose Skeptiker und Defätisten gab es selbstredend auch im alten China. Unter den Anführern der Baukolonnen kursierte die Weisheit: Kaiser kommen und gehen, ganze Dynastien verschwinden; diese hässliche, unnütze Mauer aber wird bleiben und eines Tages vielleicht zu den Weltwundern zählen.

Daran denke ich, wenn Brückengegner den drohenden Verlust des Welterbes beklagen. Es wird sich auch bei uns alles zum Guten fügen in Mitteldeutschland in Mitteleuropa unter der Führung der Partei der Mitte. Bis dahin heißt es abwarten und Tee trinken. Das chinesische Jahrhundert hat längst begonnen.

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