Nicht nur auf der Straße, sondern auch im Politikbetrieb mehren sich die Forderungen nach einem Baustopp am Waldschlößchen. Darüber informieren die DNN und die SZ am 04.04.2008 sowie die Leipziger Volkszeitung und die Freie Presse.

Sächsischer Staatsminister
für Wirtschaft und Arbeit,
Thomas Jurk

Er begrüßt die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen an die Welterbekonvention gebunden sind. Darum sollte in der Diskussion um die Waldschlößchenbrücke eine welterbeverträgliche Elbquerung gefunden werden.

Die Worte der Kanzlerin sollten alle Beteiligten dazu veranlassen, inne zu halten und nicht durch Beton vollendete Tatsachen zu schaffen.

Die Welt habe Dresden beim Wiederaufbau der Frauenkirche unterstützt. „Jetzt können wir der Welt unseren Respekt zeigen“, fügte er hinzu.

Sächsische Staatsministerin
für Wissenschaft und Kunst,
Eva-Maria Stange

Ihrer Ansicht nach hat die UNESCO genügend Zeit und Raum gegeben, dass Sachsen in dem Konflikt einen Kompromiss finden kann. Zugleich begrüßte sie die Aussagen aus dem Kanzleramt.

Man sollte – jenseits von politischen Schlachten – ernsthaft abwägen, ob eine Tunnelvariante möglich ist. Bis dahin sollte tatsächlich ein Baustopp verhängt werden.

Die Ministerin sieht auch andere Konsequenzen für den Fall, dass die Elbestadt den begehrten Status einbüßt. „Man kann in Dresden 2010 kein Weltkulturforum veranstalten, wenn man eineinhalb Jahre zuvor den Welterbetitel aberkannt bekommt. Damit macht man sich lächerlich vor der Weltgeschichte“, sagte sie mit Blick auf ehrgeizige Pläne von Künstlern und Kulturpolitikern. Die UNESCO hatte erst ein Mal in der Geschichte der Welterbestätten den Status wieder aberkannt: im Jahr 2007 einem Naturschutzgebiet im arabischen Sultanat Oman.

Auf der Montagsdemo am 31.3.2008 besuchte uns Ulla Schmidt auf dem Neumarkt:

Medium:

Pressemitteilung

35.300 gültige Unterschriften für ein Bürgerbegehren für einen Tunnel am Waldschlößchen liegen der Stadtverwaltung Dresden vor. Eine zügige rechtliche Prüfung hatte der amtierende Oberbürgermeister Dr. Lutz Vogel bei der Übergabe der Unterschriften am 11.03.2008 zugesichert. Ziel war es, das Bürgerbegehren auf die Tagesordnung der Stadtratssitzung am 10.04.2008 zu setzen. Am Montag teilte er mit, dass sich die Prüfung verzögert und über das Bürgerbegehren erst auf der nächsten Stadtratssitzung am 30.04.2008 entschieden werden könne.

Derweil wird versucht, in den Elbwiesen weiter Tatsachen zu schaffen. Es wird an einer Brücke gebaut, durch deren Errichtung das Weltkulturerbe Dresdner Elbtal eine „irreversible Schädigung“ erfährt, wie es in einem Gutachten der UNESCO heißt. Und das, obwohl das Land Sachsen und die Stadt Dresden, wie von der Bundesregierung mehrfach bekräftigt, an die UNESCO-Welterbekonvention gebunden sind.

Nach Aussage von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) hat das Land Sachsen Schutz und Erhaltung des Kultur- und Naturerbes Elbtal in Dresden und seine Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen. Das Land Sachsen und die Stadt Dresden haben dafür alles im ihren Kräften stehende zu tun, unter vollem Einsatz ihrer eigenen Hilfsmittel und gegebenenfalls unter Nutzung jeder ihr erreichbaren internationalen Unterstützung. Das ist geltendes Recht und in der UNESCO-Welterbekonvention festgelegt. Die Bundesregierung fordert den Dialog der zuständigen Behörden vor Ort mit der UNESCO. Sie unterstreicht das Ziel, einen Kompromiss zum Erhalt des Welterbestatus des Dresdener Elbtals zu finden.

Genau das fordern auch der Verein „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ und die Bürgerinitiativen für den Erhalt des Welterbes.

Die Terminverschiebung und die Entscheidung, das Bürgerbegehren erst auf der nächsten Stadtratssitzung am 30.04.2008 zu behandeln, kann nur mit einem Baustopp für die Brücke einhergehen. Der wird derzeit vom Elbpegel, nicht aber von der Stadtverwaltung oder dem Regierungspräsidium diktiert. Mit der Weiterführung der Baumaßnahmen an einem veralteten Brückenkonzept würden sich das Land Sachsen und die Stadt Dresden offen gegen geltendes Völkerrecht stellen. „Das ist faktisch nicht möglich“, sagt Thomas Löser, Mitinitiator des „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“. Er fordert die Behörden auf, das Bürgerbegehren wie zugesichert, zügig zu bearbeiten. Weiter sagte Löser: „Die Konsequenz ist ein Baustopp für die welterbezerstörende Brücke. Alle Arbeiten für einen welterbekompatiblen Waldschlößchentunnel können – so wie derzeit auf der Waldschlößchenstraße – weitergeführt werden. Wir treten für eine Elbquerung am Waldschlößchen mit UNESCO-Prädikat ein. Der Tunnelkompromiss ist der Königsweg für Dresden und die UNESCO. Das Völkerrecht muss eingehalten werden.“

Die Vertreter der Bürgerinitiativen treffen sich am Freitag, dem 04.04.2008, um 08:15 Uhr im Rathaus, Dr.-Külz-Ring 19, mit dem amtierenden Oberbürgermeister, Dr. Lutz Vogel, um von ihm aus erster Hand die Gründe für die Verzögerungen zu erfahren. „Die Stadt hatte mit Beginn des Bürgerbegehrens über 11 Wochen (!) Zeit, die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Wir lassen uns nicht weiter hinhalten!“ sagte Prof. Dr. Ralf Weber, ebenfalls Mitinitiator des Tunnel-Bürgerbegehrens, und führte weiter aus: „Es ist eine Selbstverständlichkeit und kein Gnadenakt, dass die Mitarbeiter von Ordnungsbürgermeister Sittel mit Hochdruck die Stimmen ausgezählt haben. Schließlich gilt es, Deutschland und Dresden vor einem katastrophalen Schaden zu bewahren. Das Völkerrecht ist unantastbar.“

Am selben Tag startet eine Mahnwache am Rathaus, Eingang Goldene Pforte, um 16:00 Uhr. Die Mahnwache wird ab Freitag jeden Tag von 16:00 bis 18:00 Uhr stattfinden. „Wir unterstützen damit die Bundeskanzlerin bei Ihren Bemühungen für den Erhalt des Welterbes,“ sagte Susanne Knaack, ebenfalls Mitinitiatorin des Tunnel-Bürgerbegehrens.

Die jüngste Information der Stadtverwaltung, dass der Stadtrat nicht am 10.04.2008, sondern erst in seiner Sitzung am 30.04.2008 über das Bürgerbegehren entscheiden wird, hat für Irritationen gesorgt. Als Begründung für die Verzögerung wird die komplizierte rechtliche Prüfung des Begehrens angeführt. Die Vermutung liegt nahe, dass mit diesem Manöver das Bürgerbegehren bewusst verzögert werden soll. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man sich die Vorgeschichte anschaut:

Am 14.01.2008 wird das Bürgerbegehren „Welterbe erhalten – Elbtunnel bauen“ offiziell gestartet. Seither ist die Fragestellung und die Begründung des Bürgerbegehrens allgemein bekannt. Im Vorfeld hatten die Initiatoren – wohl wissend um die komplizierte rechtliche Lage – die Fragestellung einer sorgfältigen juristischen Prüfung unterzogen. Das Bürgerbegehren war und ist bis heute demnach frei von offensichtlichen Angriffspunkten. Gleichwohl existieren zu solchen Sachverhalten regelmäßig sehr unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Am 11.02.2008 informiert das Regierungspräsidium in einer Pressemitteilung darüber, dass der Regierungspräsident Dr. Hasenpflug in einem Schreiben an den amtierenden Dresdner Oberbürgermeister Dr. Vogel „grundlegende Bedenken […] hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des augenblicklich laufenden Bürgerbegehrens“ kundgetan hat. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist die Landeshauptstadt angehalten, sich mit rechtlichen Fragen zum Bürgerbegehren auseinanderzusetzen.

Am 06.03.2008 teilt die Landeshauptstadt in einer Pressemitteilung zum Bürgerbegehren mit: „Erst wenn diese [die Unterschriften] eingereicht worden sind, beginnt die Prüfung des Bürgerbegehrens. Dabei werden nicht nur die geleisteten Unterschriften geprüft, sondern auch die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens an sich.“ Das stimmt so nicht, denn bereits im Februar gab es Gespräche zwischen den Initiatoren des Bürgerbegehrens und dem amtierenden Oberbürgermeister, bei denen deutlich wurde, dass sich die Landeshauptstadt sehr wohl bereits mit entsprechenden rechtlichen Fragen auseinandersetzt.

Am 11.03.2008 werden die ersten 40.000 Unterschriften dem amtierenden Dresdner Oberbürgermeister Dr. Vogel übergeben. Spätestens jetzt erfährt die Stadtverwaltung offiziell, dass es ein solches Bürgerbegehren überhaupt gibt.

Am 29.03.2008 ist die Prüfung der Unterschriftenlisten abgeschlossen. Die Landeshauptstadt informiert in einer Pressemitteilung am 02.04.2008 darüber, dass das Quorum erreicht ist. Gleichzeitig wird bekannt, dass die nun angeblich beginnende rechtliche Prüfung so viel Zeit in Anspruch nehmen wird, dass der Stadtrat nicht bereits am 10.04.2008 über das Bürgerbegehren entscheiden kann.

Man muss wissen, dass die Landeshauptstadt grundsätzlich verpflichtet ist, Bürgerbegehren wohlwollend zu prüfen. Das betrifft juristische Aspekte genau so wie Fragen der verfahrenstechnischen Abwicklung. Offensichtlich ist auch, dass mit jeder weiteren Verzögerung durch den Baufortschritt des Brückenprojekts in den Elbwiesen Tatsachen geschaffen werden, die dem Ansinnen des Bürgerbegehrens zuwider laufen. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die Landeshauptstadt ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommt: Einer vorgezogenen rechtlichen Prüfung hätte nichts entgegengestanden, dass sie notwendig werden würde, war lange genug klar und de facto hat sie auch schon stattgefunden.

Spätestens seit dem 02.04.2008 dürfen sich demnach mindestens 35.305 Unterzeichner des Bürgerbegehrens sicher sein, dass der amtierende Oberbürgermeister Dr. Lutz Vogel und die Landeshauptstadt Dresden ihren Wunsch nach einem Bürgerentscheid zum Elbtunnel mit verfahrenstechnischen Tricks gezielt hintertreiben.

So verdrießlich dies ist, darf es dennoch als ermutigendes Zeichen gewertet werden: Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass bisher jeder Einwand gegen den Elbtunnel mit sachlich fundierten Argumenten entkräftet werden konnte. Dabei wurden alle Aspekte – technische, baurechtliche wie auch finanzielle – ausführlich diskutiert. Nachdem den Gegnern der Elbtunnel-Alternative nunmehr die Sachargumente ausgegangen sind, verbleiben ihnen nur noch verfahrenstechnische Tricksereien, um ihre Ziele durchzusetzen.

Aus diesem Grunde ist es jetzt wichtiger als bisher, politischen Druck zu erzeugen. Die über 35.000 Unterzeichner des Bürgerbegehrens sind aufgefordert, bis auf weiteres täglich von 16:00 bis 18:00 Uhr auf einer Mahnwache am Grünen Gewölbe einzufordern, dass ihrem legitimen Wunsch nach einem Bürgerentscheid zum Elbtunnel nachgekommen wird. Alle anderen Dresdner, die sich der Einhaltung demokratischer Prinzipien in unserer Stadt verpflichtet fühlen, sind ebenfalls herzlich zur Teilnahme eingeladen.

Rechtzeitig vor der Stadtratssitzung, auf der über unser Bürgerbegehren entschieden werden soll, müssen alle Unterschriftenlisten eingereicht werden. Daher bitten wir Sie darum, alle Listen bis spätestens 03.04.2008 umgehend abzugeben.

Für die Rückgabe stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Senden Sie die Unterschriftenlisten per Post an
    Verein Bürgerbegehren Tunnelalternative
    PF 16 02 51
    01288 Dresden.
  • Geben Sie die Unterschriftenlisten an einer der bekannten Sammelstellen ab.
  • Werfen Sie die Unterschriften in einen der Sammel-Briefkästen ganz in Ihrer Nähe ein.

Nachtrag

Theoretisch dürfen die letzten Unterschriften noch während der Stadtratssitzung am 22.04.2008 beigebracht werden, auf der über das Bürgerbegehren entschieden wird. Da derzeit die rechtliche Prüfung des Bürgerbegehrens hinausgezögert wird, ist es nicht nur möglich, sondern sogar angezeigt, weiter Unterschriften zu sammeln: Das Überwinden des Quorums ist eine formale Hürde. Die Unterzeichner haben diese Hürde mit beeindruckendem Erfolg genommen. Die Anzahl der Unterzeichner an sich ist aber für alle beteiligten Akteure in der Landeshauptstadt und im Freistaat ein sehr wichtiges politisches Signal.

Es gibt eine große, und stetig wachsende Zahl von Dresdnerinnen und Dresdnern, die das Bürgerbegehren unterstützen. Und sie zeigen das öffentlich.

Das Treffen, welches am Dienstag mit dem Sprecher der Stadtverwaltung stattfand, war absolut unbefriedigend. Für die Verzögerungen bei der rechtlichen Prüfung des Bürgerbegehrens gibt es nach wie vor keine plausible Erklärung. Ebenso gibt es immer noch keinen Termin beim amtierenden Oberbürgermeister, Dr. Lutz Vogel.

Aus diesem Grund gibt es am Donnerstag, dem 03.04.2008, um 16:00 Uhr erneut vor das Rathaus am Eingang Goldene Pforte eine Protestkundgebung. Gefordert wird eine unverzügliche Vorbereitung und Durchführung des Bürgerentscheides.

Nach Angaben der Landeshauptstadt Dresden sind bis zum 29.03.2008 insgesamt 42.299 Unterschriften für das Bürgerbegehren geprüft worden. Insgesamt 35.305 Unterschriften davon waren gültig. Damit wurde das erforderliche Unterschriftsquorum von 5 Prozent der wahlberechtigten Dresdnerinnen und Dresdner deutlich überschritten. Erforderlich gewesen wären nur 21.021 Unterschriften.

Das Thema wird offensichtlich von der Presse aufmerksam verfolgt. Bereits wenige Stunden nach der Pressemitteilung der Landeshauptstadt Dresden bezogen sich z.B. folgende Beiträge auf die dort gemachten Angaben:

Eine kurze, übersichtliche und vollständige Zusammenfassung aller Argumente, die für den Elbtunnel sprechen, ist auf der Fachklausur „Elbtunnel Dresden“ am 06.03.2008 von einer hochkarätigen, unabhängigen und international besetzten Expertenrunde an der TU Dresden erarbeitet worden.

Die dort zusammengestellten 37 Punkte decken sich inhaltlich vollständig mit den 15 Gründen, welche die Aussagen dieser Internet-Seite zusammenfassen.

Auch am 02.04.2008 findet um 14:00 Uhr wieder am Rathaus vor der Goldenen Pforte eine Spontan-Demonstration statt. Am 01.04.2008 waren ca. 60 Bürger und ettliche Pressevertreter vor dem Rathaus versammelt. Sie forderten eine plausible Erklärung für die Verzögerungen bei der Prüfung des Bürgerbegehrens. Der amtierenden Oberbürgermeister, Dr. Lutz Vogel, ist diese schuldig geblieben.

Warum?

Während der Spontan-Demonstration am 01.04.2008 haben fünf Vertreter des Vereins „Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.“ versucht, im direkten Gespräch mit Dr. Vogel in Erfahrung zu bringen, was die Ursache für die Verzögerung ist. Dr. Vogel war leider verhindert.

Die Pressemitteilung der Stadt informiert zunächst darüber, „dass die notwendigen ca. 21.000 gültigen Unterschriften vorliegen. Damit ist das Quorum für ein Bürgerbegehren von 5 Prozent aller Wahlberechtigten erreicht.“ Weiter heißt es: „Zeitgleich mit der Prüfung der Unterschriften muss auch durch die Verwaltung die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens untersucht werden. […] Diese rechtliche Prüfung ist bisher nicht abgeschlossen […]“ Schade auch.

Dass die rechtliche Prüfung nicht einfach ist, war zu erwarten. Auch die Pressemitteilung verweist darauf: „Schon im Zuge der Unterschriftensammlung hatte die Landeshauptstadt die Initiatoren auf die schwierige und komplexe Situation bei der Fragestellung des Begehrens in einem persönlichen Termin hingewiesen.“ Nun ist spätestens seit dem offiziellen Start des Bürgerbegehrens am 14.01.2008 genau diese Fragestellung bekannt. Seither sind 11 (in Worten: elf) Wochen vergangen. Man fragt sich, was die Stadtverwaltung in der Zwischenzeit eigentlich gemacht hat. Sicher ist sie wohl überrascht worden, als die Initiatoren des Bürgerbegehrens am 11.03.2008 plötzlich mit 40.000 Unterschriften vor dem Rathaus standen.

Durch die Verzögerungen könnte die Stadt den 08.06.2008 als Termin für den geplanten Bürgerentscheid in Gefahr bringen. Könnte! Oder will sie das gar?

Ein Aufruf von
Jana Knauth

Auf der Montags-Demonstration am 31.03.2008 wendete sich Jana Knauth, Initiatorin der Bürgerinitiative Welterbe Dresdner Elbtal, mit diesen Worten an das Publikum.

Liebe Dresdnerinnen und Dresdner, liebe Gäste,

Unsere Bürgerinitiative entstand im Juni 2005 und setzte sich damals das Ziel, die Bauprozesse in unserem Welterbegebiet aufmerksam und kritisch zu beobachten, öffentlich bekannt zu machen und einzugreifen, wenn Planungen konkret werden. Die Planungen zur Waldschlößchenbrücke waren damals schon abgeschlossen, der Planfeststellungsbeschluss ergangen und es stand die Behauptung, die UNESCO hätte mit der Brücke kein Problem, da sie ja in den Unterlagen ausführlich beschrieben gewesen sei und Dresden trotzdem den Titel erhalten hatte.

Unsere Bürgerinitiative hegte Zweifel an dieser Aussage, da die Brücke einen großen Eingriff in die Landschaft darstellt. So nahmen wir unser Recht und unsere Pflicht als NGO (Non-Governmental Organisation, Nicht-Regierungs-Organisation) wahr, um mit einer Mappe an die UNESCO herauszufinden, wie umfangreich die eingereichten Unterlagen zur Brücke waren. Es hätte gut sein können, dass die UNESCO uns antwortet, es sei alles in Ordnung und die Brücke stelle kein Problem dar. Die folgenden Wochen und Monate zeigten aber, dass dies nicht der Fall war. Eine Auswertung der zugänglichen Unterlagen hat denn auch einige Ungereimtheiten ergeben, die ich hier und heute einmal zusammenfassen möchte:

  1. Zum ersten kann man in den Antragsunterlagen, die die Stadt im Januar 2003 einreichte, sehen, dass die Brücke in keiner der Karten eingezeichnet ist! Noch nicht mal angedeutet durch eine Strichellinie. Dafür, dass die Intension eine Brücke am Waldschlößchen zu errichten eindeutig bestand und in fast fertigen Planungen Niederschlag gefunden hatte, ist diese Tatsache als Täuschung zu bewerten.
  2. Auch die schriftlichen Hinweise auf die Brücke sind im Antrag nicht so eindeutig, dass daraus hervorgeht, dass die Waldschlößchenbrücke nicht nur eine bloße Option war. Verwirrend scheint außerdem die Tatsache, dass der Bebauungsplan der Brücke nicht erwähnt, jedoch der Plan für ein angrenzendes Festgelände auf dem Altstädter Ufer beschrieben wurde.
  3. Angeblich wurde den Unterlagen eine Kurzbeschreibung der Brücke beigelegt. In einer deutschen Fassung ist sie auf den Dresdner Internetseiten zu finden, wobei deren Echtheit zu bezweifeln ist, da dort die späteren Aussagen der Gutachter auftauchen. Heißt: die Beschreibung soll vom Dezember 2002 sein, enthält aber Aussagen, die erst Ende 2003 getroffen wurden. Überhaupt steht die Frage, ob eine vergleichbare Unterlage das Welterbe-Komitee erreichte, da Frau Roessler vom Welterbezentrum behauptet, sie wäre im entscheidenden englischen Text nicht vorhanden gewesen.
  4. Gemeinsam mit den beiden Aussagen des Gutachters Jokilehto, der 2004 in Suzhou den Antrag vortrug, kommt noch ein weiteres Puzzleteil hinzu. Ohne von einem der drei Abgesandten (Feßenmayr, Glaser und Timm), die extra angereist waren, korrigiert zu werden, erklärte der Gutachter, es gäbe keine geplanten Verkehrsarterien im Elbegebiet, obwohl die Möglichkeit neuer Brückenbauten bestünde und eine neue Brücke wäre 5 km flussabwärts vom Zentrum vorgesehen.
    Folglich musste das UNESCO-Komitee annehmen, die Brückenplanung wäre noch unkonkret und beträfe das Welterbegebiet gar nicht und somit hat es sich auch nicht näher damit beschäftigt.

Anstatt aber Entschuldigungen und Korrekturen vorzubringen, entschied sich Sachsen dafür, die UNESCO herabzuwürdigen und sich eine Einmischung in seine Angelegenheiten zu verbitten. Selbst die sächsischen Gerichte waren vorerst der Ansicht, dass das Völkerrecht weniger gewichtig ist als ein Bürgerentscheid, wenn auch dazu noch kein abschließendes Urteil gesprochen ist.

Kürzlich hat ein engagierter Dresdner sich um eine Aussage aus dem Kanzleramt bemüht, wie es denn um die Position des Bundes in der Sache bestellt ist. Dazu diesen Auszug aus dem Antwortbrief im Auftrag der Kanzlerin an die Plattform direktzu.de: „Eine Streichung des Dresdner Elbtals aus der Welterbeliste würde das Ansehen Deutschlands und das Verhältnis Deutschlands zur UNESCO erheblich beeinträchtigen.“ Weiter heißt es: „Die Frage der innerstaatlichen Bindungswirkung der UNESCO-Welterbekonvention hat die Bundesregierung kürzlich in einem Gutachten klären lassen. Danach ist die UNESCO-Welterbekonvention bereits wirksam in innerstaatliches Recht übertragen worden und bindet alle staatlichen Ebenen in Deutschland – Bund, Länder und Gemeinden – gleichermaßen. Die Welterbekonvention ist 1976 gemäß den Regelungen der so genannten ‚Lindauer Absprache‘ ratifiziert worden, d.h. die Länder haben damals ihr Einverständnis zum Abschluss der Konvention gegeben. Damit sind auch die Länder, die sich ja in den vergangenen 32 Jahren in vielen Fällen aktiv und erfolgreich um Aufnahme in die Welterbeliste bemüht haben, an die Welterbekonvention gebunden.“

Lassen Sie mich nun noch ein paar Worte zu unserer Arbeit verlieren.

Dass unsere Bürgerinitiative sich erst im Juni 2005 zusammenfand und dieses Thema wieder aufgriff, liegt schlichtweg auch daran, dass das Welterbethema erst ein Jahr nach der Titelverleihung wieder deutlich und positiv ins Licht der Öffentlichkeit rückte: Als der Direktor des Welterbezentrums Prof. Bandarin die Verleihungsurkunde an die Stadt und symbolisch auch alle Bürger im Rahmen der Eröffnung des Elbhangfestes überreichte. Ich sage deshalb positiv, weil davor und danach hauptsächlich Negativ-Schlagzeilen zum Thema UNESCO-Welterbe in Dresden das Bild beherrschten. Zunächst ging es um die Finanzierung der Tafel an der Loschwitzer Kirche, für die sich einfach niemand finden wollte, danach die Einrichtung des Welterbezentrums im Lingnerschloß, um dessen Sinn heftig gestritten wurde, bis es endlich bewilligt wurde und schließlich die Waldschlößchenbrücke.

Die Dresdner tun sich schwer mit ihrem Welterbe. Eine mangelnde bis gar nicht stattfindende Öffentlichkeitsarbeit seitens der Stadt, verursacht durch Anweisungen von höchster Stelle im Freistaat hat dazu geführt, dass man heute oft hören und lesen muss: Welterbe? – dafür kann ich mir nichts kaufen. Oder: Was haben wir schon davon, die Touristen kommen doch auch so. Das Bewusstsein, Teil des Erbes der Menschheit zu sein, muss wachsen, der Welterbestatus als Instrument für einen umfassenden Kulturgutschutz und die Welterbekonvention als einer der erfolgreichsten völkerverbindenden und friedenstiftenden Verträge anerkannt werden. Dies kann nur geschehen, wenn die Ideale und Ziele der UNESCO und ihrer Welterbekonvention adäquat kommuniziert werden. Dazu braucht es eine Aufklärungskampagne, die vor allem auch die vielen positiven Aspekte des Welterbstatus vermittelt und den hier in Dresden beschädigten Ruf der UNESCO wiederherstellt. Und das fängt mit dem Aufstellen des braunen Autobahnschilds an, das stolz auf die Stätte verweist, wie es andernorts üblich ist in Deutschland!

Die Bürgerinitiative Welterbe Dresdner Elbtal versucht einen kleinen Teil solcher Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. In dem wir eine Vortragsreihe veranstalten, die sich mit Teilen unseres Welterbegebietes aber manchmal auch mit anderen Stätten befasst und auf Festen mit einem Stand vertreten sind, leisten wir einen kleinen Beitrag zum Verständnis des Themas sowie zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch verschiedener im Welterbegebiet sich punktuell engagierender Vereine. Schaut man sich abseits der Waldschlößchenbrücke um, gibt es eine Menge zu tun: Angefangen vom Schloß Übigau, über die Hochwasserschutzmaßnahme in Pieschen, den Fernsehturm, den Kiesabbau in Söbrigen bis zum ganz aktuellen Bauplan Hotel Loschwitzhöhe treten uns eine Reihe wichtiger Probleme entgegen. Zusätzlich zu lokalen Gestaltungssatzungen bietet der Welterbestatus eine große Chance, Planungen und Bauten besonders maßvoll und sensibel einzufügen.

Um endlich auch diese Probleme angehen zu können, muss der Konflikt um die Waldschlößchenbrücke geklärt werden. Der Kompromiss, den unsere Bürgerinitiative schweren Herzens mitträgt, weil er den Landschaftsraum wiederherstellen kann, ist der Elbtunnel. Wir waren immer der Meinung, dass eine Querung an dieser Stelle verkehrsplanerisch unsinnig und landschaftlich unverträglich ist, deshalb ist es für uns ein großer Schritt, einem solchen Kompromiss zuzustimmen. Nun da aber auch das UNESCO-Welterbezentrum ein deutliches Signal für diese Lösung gegeben hat, ist es an der Zeit, dass auch die andere Seite ihre starre Haltung aufgibt. Es muss wieder Gespräche geben in der Stadt. Man muss die Möglichkeit haben, sich zu äußern, ohne unflätig angefeindet zu werden. Erst wenn die Gesprächsbereitschaft auf beiden Seiten wieder da ist, werden wir vorankommen.

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