meint Johannes Hellmich

„Das Verwaltungsgericht hat es den Umweltschützern ins Stammbuch geschrieben: Der Tunnel ist nicht genehmigungsfähig.“ – So tönt es in gewohnt markigen Worten von der Kommandobrücke am Waldschlösschen. Das Bild vom unerbittlichen Hineinschreiben ins Stammbuch beeindruckt zunächst. Ein wenig wirkt es, als habe die Welterbebewegung versucht, den Dresdnern ein illegitimes Kind unterzuschieben, dessen unrühmliche Vaterschaft nunmehr zweifelsfrei geklärt und somit die Urheberschaft eines verkehrsplanerischen Fehltritts für die Stadt und das Regierungspräsidium ausgeschlossen werden konnte. Lange war der Tunnel erfolgreich verleugnet worden; nun da er den Familienfrieden zu stören droht, soll er mit juristischen Mitteln endgültig zum Schweigen gebracht werden.

Die Redewendung vom Stammbuch hat tatsächlich aber nichts mit unangenehmen Familiengeheimnissen zu tun. Ihr Hintergrund ist ganz harmlos. Stammbücher sind, grob vereinfacht, Vorläufer jener Poesiealben, in denen Backfische Lebensweisheiten ihrer Schulkameraden und Verwandten sammeln, meist in Reimform mit passenden Illustrationen. Studenten früherer Jahrhunderte half das Stammbuch, vielversprechende Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Die lyrischen oder philosophischen Texte, mit denen sich Burschenschaftler gegenseitig belehrten und erbauten, bewegten sich also meist im Spannungsfeld von Dichtung und Wahrheit. Dort muss man auch den Spruch vom „vernichtenden Urteil“ einordnen, das Dr. Brauns und Herr Köhler-Totzki in der Urteilsbegründung zur Waldschlösschenbrücke zu erkennen glauben, und der seither an den Matrizen der Lokalpresse klebt. Wenn es denn ein solches Verdikt je gegeben hätte.

Wer das Urteil zum Planfeststellungsbeschluss ab Seite 87 ff. aufmerksam liest, kann die überschwängliche Begeisterung der Brückenfreunde kaum nachvollziehen. Dass der Tunnel in einem Genehmigungsverfahren nach umweltrechtlichen Aspekten scheitern müsste, wird an keiner Stelle erwähnt. Die umfangreiche Beschreibung von Eingriffen in die Ökosysteme bei verschiedenen Tunnelrealisierungen enthält nach Meinung der klagenden Umweltverbände mehrere Schwachpunkte. Sie haben deshalb Berufung gegen das Urteil eingelegt.

Dass Frau Orosz vom Welterbekomitee verlangt, es müsse nun die Brücke akzeptieren, passt in die forsche Argumentationspraxis der Union. Dr. Brauns’ Stammbuchgerede wird hier unreflektiert weitergetragen. Die Oberbürgermeisterin weiß natürlich, dass das Welterbekomitee den Beschluss von 2008, Dresden von der Liste der Welterbestätten zu streichen, nicht korrigieren kann und wird. Ihre Forderung darf deshalb als verschleiertes Eingeständnis gewertet werden, dass jene Hintergrundgespräche, auf die sie immer wieder verwiesen hat, gescheitert sind.

Ein ganz anderes Stammbuch ist die Liste der Dresdner Oberbürgermeister. In ihr sind herausragende Persönlichkeiten vertreten wie Otto Beutler, Bernhard Blüher oder Wilhelm Külz, unter deren kluger Regierung Dresden zu einer der bedeutendsten deutschen Großstädte wurde. Die hohe Reputation, die frühere Bürgermeister durch ihr Wirken zum Wohle der Stadt bei der Dresdner Bürgerschaft genossen, ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend Formen der Duldung und Entfremdung gegenüber der Rathausspitze gewichen. In den letzten Jahren schlug dieses Verhältnis seitens vieler Bürger in tiefe Ablehnung um.

Die vornehmste Aufgabe der Oberbürgermeisterin Helma Orosz ist, Schaden von unserer Stadt abzuwenden. Jeder Tag, den sie mit einfältigen Dienstanweisungen an die UNESCO verstreichen lässt, bringt die Stadt einem irreparablen Ansehensverlust näher. Es gibt nur wenige Beispiele für ein ähnlich schweres Versagen ihrer Vorgänger. Die Verteidigung des Brückenprojektes gegen alle Vernunft ist dem Opportunismus einer Rathauschefin zuzurechnen, die sich sonst umso selbstbewusster präsentiert. Dresden ohne Not erneut zur Festung ausgerufen zu haben, dürfte die bestimmende Fehlleistung der Ära Orosz werden.

Bezug nehmend auf die gestrigen Äußerungen von Oberbürgermeisterin Helma Orosz hinsichtlich der Problematik des UNESCO-Welterbes in Dresden nimmt die Welterbebewegung wie folgt Stellung:

Frau Orosz erklärte: „… ein Tunnel sei aus Naturschutzgründen nicht genehmigungsfähig. Die UNESCO muss sich jetzt bewegen.“

Diese Aussagen haben mit ernstzunehmender Politik nichts mehr gemein. Nicht nur, dass die Aussage, ein Tunnel sei nicht genehmigungsfähig, schlicht nicht zutreffend ist (vgl. Stellungnahme des Fachrat Dresdner Welterbe) – sie stellt eine bewusste Fehlinterpretation des Urteils des Verwaltungsgerichts durch die Dresdner CDU dar. Auch die Aussage, die UNESCO „solle sich nun bewegen“, ist nicht hinnehmbar. Die UNESCO hat sich mit Gesprächsangeboten und mit der Verlängerung der Option „Rote Liste“ um ein weiteres Jahr bis zur Selbstverleugnung auf die Stadt Dresden zu bewegt. Das Verhalten der Stadt Dresden und des Freistaates Sachsen hingegen kann man nur als ignorant und stur bezeichnen.

Thomas Löser erklärte in diesem Zusammenhang:

Es wird der Dresdner CDU und Frau Orosz nicht gelingen, der Welt ein X für ein U vorzumachen. Die Aberkennung des Welterbetitels im Sommer 2009 in Spanien ist kein unvermeidliches Naturereignis, das plötzlich und unerwartet über uns kommt, sondern Folge eines ganz konkreten politischen Versagens. Die Verantwortlichen dieser Politik, die unserer Heimatstadt und der UNESCO riesigen Schaden zufügen, werden sich nicht aus der Verantwortung stehlen können.

Die weiterhin seitens der Dresdner CDU ohne Beweise vorgebrachte Behauptung, Welterbe und Brücke seien vereinbar, ist eine Farce und bedarf keiner weiteren Kommentierung.

Ein Stellungnahme
des Fachrat Dresdner Welterbe

Ein Tunnel am Standort Waldschlößchen ist grundsätzlich genehmigungsfähig. Dies hat das Regierungspräsidium bereits im Planfeststellungsbeschluss bestätigt. Auf Seite 21 des Planfeststellungsbeschlusses vom 25.02.2004 heißt es:

Eine unterirdische Anordnung der Verkehrsanlage wird naturgemäß den Aspekten Städtebau, Denkmalschutz und Landschaftsbild besser gerecht. Eine Beeinträchtigung von Blickbeziehungen erfolgt nicht. Nach Vollendung der Baumaßnahme ist es möglich, die vorhanden räumliche Situation im Bereich der Elbauen und des Elbhanges wieder herzustellen. In der Umweltverträglichkeit weist die Tunnellösung mit der Nichtbeeinträchtigung der Elbauen im baulichen Endzustand und hinsichtlich der Verkehrslärmemissionen offensichtliche Vorteile gegenüber der Brückenlösung auf.

Das Verwaltungsgericht Dresden hatte sich im Rahmen der Sammelklage dreier sächsischer Umwelt- und Naturschutzverbände mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Planfeststellungsbeschuss bei der Behandlung der zahlreichen naturschutzrechtlichen Belange fehlerhaft war und daher zurückzunehmen ist. Dabei hatte das Gericht insbesondere zu prüfen, ob die vom Vorhabenträger vorgelegte Alternative Tunnel aus Naturschutzgründen vorzugswürdig war und die Planfeststellung daher falsch zwischen Brücke und Tunnel abgewogen hatte. Im Ergebnis dieser Prüfung sieht das Gericht in der vorgenommenen Abwägung zu Gunsten der Brücke aus rein naturschutzrechtliche Gründen keinen Abwägungsfehler. Es erklärt in seiner Entscheidung vom 20.02.2009:

Denn selbst wenn man von der technischen Machbarkeit der von den Klägern vorgetragenen Tunnelalternative ausgeht, scheidet diese wegen der Eingriffe in den Landschaftsraumtypen 3270 als vorzugswürdige Alternative aus.

Damit hatte das Gericht aus dem alleinigen und speziellen Kriterium der Beeinträchtigung eines einzigen Landschaftsraumtyps geurteilt, nicht aus der Gesamtsicht aller Abwägungskriterien, was auf Grund der eingeschränkten Klagebefugnisse der Naturschutzverbände auch formal korrekt ist.

Das heißt aber im Klartext: Über die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit eines Elbtunnel hatte das Gericht nicht im Entferntesten zu befinden. Dazu fehlten dem Gericht naturgemäß sämtliche notwendigen Grundlagen, wie z.B. ein durchgeführtes öffentlich-rechtliches Genehmigungsverfahren sowie das Einreichen einer Klage gegen ein solches Verfahren.

Die im politischen Raum aufgemachte Behauptung, das Gericht hätte in seiner Urteilsbegründung festgestellt, ein Tunnel sei nicht genehmigungsfähig, ist daher eine freie Erfindung. Sie soll keinem anderen Ziel dienen, als der Abwehr der mit dem Welterbe verträglichen Tunnelalternative.

Der Kläger Grüne Liga Sachsen kritisiert das Urteil des Verwaltungsgerichts in zahlreichen Punkten. Zentraler Kritikpunkt ist dabei die vom Gericht unterschlagene Tatsache, dass zwar die Naturschutzbeeinträchtigungen während der Bauausführung beim Tunnel höher sind als bei der Brücke, aber nach der Fertigstellung des Tunnels dauerhaft sehr viel geringer als bei der Brückenlösung ausfallen.

Bei der Betrachtung der Gesamtheit aller fachlichen und öffentlichen Interessen (Welterbe, Einhaltung der internationalen Verträge gegenüber der UNESCO, Städtebau, Denkmalschutz, Naherholung, Tourismus) – deren Bewertung nicht Gegenstand des Verfahrens war – würde der Tunnel sehr viel besser abschneiden, als die Brücke, ja sogar die einzig mögliche und rechtlich haltbare Lösung sein.

Die Bürgerinitiative Elbtunnel am Standort Waldschlösschen erklärte in diesem Zusammenhang: „Leider versuchen die für den Brückenbau verantwortlichen politischen Kreise weiterhin die von der UNESCO geforderte Tunnelalternative zu verhindern. Dies ist unverantwortlich, weil es Lösungen gibt, die einen gleitenden Anschluss des Tunnels an die im Bau befindlichen Zufahrtstunnel ermöglichen sowie eine oberirdische Führung des Fuß- und Radverkehrs.“

Einige wenige stilistische Hinweise
gibt Eduard Zetera

Ach ja, die Sprache der Diplomaten ist eine feine, reich an Andeutungen und subtilen Zeichen. Von daher ist es gar nicht so leicht, einen gelungenen Brief an einen Botschafter zu entwerfen. Wie er jedenfalls gerade nicht aussehen sollte, dafür haben wir nun ein besonders prominentes Beispiel: Die Dresdner Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz, Jan Mücke und Andreas Lämmel haben am 27.03.2009 an alle 154 in Deutschland akkreditierten Botschafter der UNESCO-Mitgliedsstaaten folgendes Schreiben verschickt:

Exzellenz,

den Medien ist zu entnehmen, dass Sie kürzlich von einer Gruppe von Dresdner Bürgern gebeten wurden, sich gegen die Fertigstellung der Dresdner Waldschlößchenbrücke und für den Abriss der bereits fertig gestellten Teile derselben einzusetzen. Wir bitten Sie, dieses Ansinnen abzulehnen.

Die Bürger der Stadt Dresden haben mit einer Mehrheit von 67,9% am 27. Februar 2005 den Bau dieser Brücke beschlossen. Wir bitten Sie, diese demokratische Entscheidung der Dresdner Bürger zu achten und sich von der in einem demokratischen Verfahren unterlegenen Minderheit nicht für deren politische Ziele instrumentalisieren zu lassen.

Die Brücke selbst ist in Ihrer architektonischen Gestaltung den Erfordernissen der Landschaft und des Siedlungsumfeld vorzüglich angepasst und bereichert in ihrer Einheit von Funktion und Formgebung die Dresdner Kulturlandschaft. Sie wird die Dresdner Verkehrssituation an wesentlichen Punkten entlasten und so einen wichtigen Beitrag zu Verbesserung der Umweltsituation in Dresden und damit zum Schutz der Dresdner Kulturgüter leisten. Sie ist seit November 2007 im Bau und soll im Jahre 2011 für den Verkehr freigegeben werden.

Die Argumente der Brückengegner zielen ins Leere. Bedauerlicherweise hat jedoch die widersprüchliche Haltung des UNESCO-Welterbekomitees in dieser Frage für unsere Stadt enormen politischen Schaden angerichtet, den wir Sie herzlich bitten nicht zu vermehren. Wir versichern Ihnen, dass auch wir stets dafür eintreten werden, dass die demokratischen Entscheidungen in Ihrem Staat von den Repräsentanten Deutschlands respektiert werden.

Mit freundlichem Gruß

Andreas Lämmel, Jan Mücke & Arnold Vaatz

Autsch! Da haben sich die drei Herren aber ein wenig vertan. Wer es besser machen will, möge folgende Hinweise beherzigen:

Regel Nr. 1: Sage einem Botschafter nie, was er zu tun und zu lassen hat!

Schon der Respekt vor der Person des Botschafters sollte die Annahme nahelegen, dass er das selbst am besten weiß. Im obigen Schreiben finden sich hingegen solche Passagen wie: „Wir bitten Sie, … abzulehnen.“ oder „Wir bitten Sie, … zu achten und … zu lassen.“ Es steht so ganz in der unglücklichen Tradition der Briefe Dresdner Politiker, die meinen, die Welt über ihre (ein wenig einseitige) Sicht auf die Dinge belehren zu müssen – erinnert sei nur an das etwas missratene Schreiben von Frau Orosz an Franceso Bandarin, den Direktor des Welterbezentrums in Paris.

Regel Nr. 2: Drohe einem Botschafter nie, auch nicht andeutungsweise!

Der obige Brief schließt mit dem Satz: „Wir versichern Ihnen, dass auch wir stets dafür eintreten werden, dass die demokratischen Entscheidungen in Ihrem Staat von den Repräsentanten Deutschlands respektiert werden.“ Jetzt könnte man erwarten, dass sich die Herrscher der nicht ganz lupenreinen Demokratien dieser Welt nun entspannt zurücklehnen, weil ihre drei Dresdner Freunde ihnen fürderhin die deutsche Diplomatie vom Halse halten. Alle anderen könnten das aber als unverhohlene Drohung deuten: „Wenn Du Dich trotzdem bei uns einmischst, dann gucken wir mal nach, wie’s bei Dir so ausschaut.“ Also bitte! Das klingt nun aber wirklich undiplomatisch.

Regel Nr. 3: Diskreditiere nie international anerkannte Organisationen!

Unsere drei Abgeordneten schreiben doch tatsächlich: „Bedauerlicherweise hat jedoch die widersprüchliche Haltung des UNESCO-Welterbekomitees in dieser Frage für unsere Stadt enormen politischen Schaden angerichtet.“ Das ist dreist. Zunächst einmal ist das Welterbekomitee von den verantwortlichen Politikern Dresdens und Sachsens lange bewusst im Unklaren über das tatsächliche Ausmaß des „Verkehrszugs Waldschlößchenbrücke“ gelassen worden. Gerade das ist der Verdienst unserer drei Briefeschreiber und ihrer Parteifreunde und nun wirklich hinlänglich bekannt. Als die Sache schließlich ruchbar wurde, hat das Welterbekomitee getreu seiner Statuten eine Nachbegutachtung des Dresdner Welterbeantrags veranlasst – und als diese dann (wenig verwunderlich) nicht zu dem von den hiesigen Politikstrategen gewünschten Ergebnis führte, begann man damit, die UNESCO zu beschimpfen. Das setzt sich bis zum heutigen Tage und in diesem Schreiben fort.

Regel Nr. 4: Entferne Dich nie zu weit von der Wahrheit!

Diese Regel sollte im Leben grundsätzlich gelten. Nun haben wir bereits gelernt, dass die Brückenfreunde da eine ganz eigene Vorstellung von Entfernungen haben. In ihrem Brief lesen wir: „Die Bürger der Stadt Dresden haben mit einer Mehrheit von 67,9% am 27. Februar 2005 den Bau dieser Brücke beschlossen.“ Das ist für sich genommen richtig und dennoch nur die halbe Wahrheit. Den Dresdnern war bei ihrer Abstimmung im Jahr 2005 gar nicht bewusst, dass sie damit das Welterbe Dresdner Elbtal in Gefahr bringen. Wer das nicht glaubt, kann gern einmal im Informationsheft zum Bürgerentscheid Waldschlößchenbrücke nach dem Begriff „Weltkulturerbe“ suchen.

Zudem sind nicht nur Juristen der Meinung, dass ein Bürgerentscheid, dessen Ergebnis internationales Recht bricht, schlicht unzulässig ist. Auch in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages vom 19.06.2007 findet sich die Anmerkung, die Bundestags-Fraktion der FDP „appelliere an die verfassungsrechtlich zuständigen Länder, einen nationalen Regelungsrahmen zu schaffen, der Bürgerentscheide von vornherein unmöglich macht, falls mit ihnen die Pflicht zum Schutz des Welterbes ausgehebelt werden sollte.“ Hört, hört!

Wir fassen zusammen: Wer sich auf internationalem Parkett bewegen will, sollte die Spielregeln kennen und sich daran halten. Mit ihrem Schreiben zeigen die Dresdner Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz, Jan Mücke und Andreas Lämmel, dass sie diesen Herausforderungen nicht gewachsen sind. Schlimmer noch: sie meinen vermutlich, sich darüber hinweg setzen zu können. Wer noch immer nach einem Beleg dafür sucht, wie provinziell die sächsische und Dresdner Politik tatsächlich ist, hat hier ein wirklich überzeugendes Beispiel gefunden.

Eduard Zetera
wartet auf ein Eingeständnis.
Schon sehr lange.

Mittlerweile vor gut einem Jahr, am 22.02.2008, informierte eine Pressemitteilung der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion über das Gutachten der Bundesregierung zur innerstaatlichen Bindungswirkung der UNESCO-Weltkulturerbekonvention. Darin heißt es:

Die UNESCO-Welterbekonvention verpflichtet den Gesamtstaat Deutschland und damit jedes einzelne Bundesland. Wer etwas anderes behauptet, ignoriert die Tatsachen.

Über die Frage der Bindungswirkung hinaus wurde auch die Frage der aus der Welterbekonvention resultierenden Verpflichtungen diskutiert. Dazu wird auch im Gutachten völlig zu Recht darauf verwiesen, dass die Aufnahme des Dresdner Elbtals in die Welterbeliste gemeinsam vom Land Sachsen und der Stadt Dresden beantragt wurde. Damit haben die beteiligten Stellen des Landes Sachsen die Bestimmungen der Welterbekonvention angewendet und ihre Geltung dadurch bestätigt.

Mit ihrer Weigerung, den Erhalt des Weltkulturerbes zu sichern, verhält sich Sachsen nicht nur dem Bund gegenüber unfreundlich, sondern ignoriert die Bemühungen aller anderen Ländern und Kommunen.

Und genau dort liegt der eigentliche Kern. Diejenigen Akteure, die keine Handlungsverpflichtung in der Welterbekonvention erkennen wollen, lehnen den Welterbetitel ab. Natürlich bestehen Handlungsverpflichtungen, denn erst durch tatsächliches Handeln drückt man Bemühen aus. Bemüht man sich nicht, besteht kein Interesse am Weltkulturerbe. Dann soll man es auch sagen und seine gesamte Ignoranz deutlich machen.

Gehörten die Zweifel an der Bindungswirkung der UNESCO-Welterbekonvention zu den Eckpfeilern des Argumentationsgebäudes der Brückenfreunde, waren sie doch immer eben so wenig tragfähig wie die Zweifel an der technischen Machbarkeit des Elbtunnels. Dieser fragwürdigen Argumentation folgte nicht einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel, die (wir erinnern uns) am 28.03.2008 schrieb, dass „die UNESCO-Welterbekonvention bereits [1976] wirksam in innerstaatliches Recht übertragen worden [ist] und alle staatlichen Ebenen in Deutschland – Bund, Länder und Gemeinden – gleichermaßen [bindet].“

Ein gutes Jahr warten wir nun schon darauf, dass unsere Brückenfreunde „ihre gesamte Ignoranz deutlich machen.“ Das tun sie aber nicht. Im Gegenteil: Mit der Parole „Die Brücke und das Welterbe sind vereinbar.“ hat die Oberbürgermeisterin Helma Orosz ihre Wahl gewonnen. Und diese Parole entsprang keineswegs ihrer Naivität oder Unkenntnis, nein: Frau Orosz weiß genau, was sie tut. Die Beschlusslage der UNESCO ist eindeutig und lässt keinerlei Interpretationsspielraum: Brücke und Welterbe sind und bleiben nicht vereinbar.

Die Brückenfreunde brechen bewusst internationales Recht und sie belügen ihre Wähler, auch bei der nächsten Wahl. Auf das Eingeständnis ihrer Ignoranz werden wir noch lange warten.

In letzter Not

Abschlusserklärung
der Teilnehmer des Welterbeforums
am 14.03.2009 im Kulturpalast Dresden

Die Teilnehmer der Tagung „Weltkulturforum ohne Welterbe? Verspielt Dresden seinen Ruf?“ sind betroffen, dass sich die Stadt Dresden sehenden Auges in ein kulturelles Desaster begeben hat.

Gegen das Votum des UNESCO-Welterbekomitees, gegen alle Bitten und Aufrufe nationaler und internationaler Gremien, gegen den durch 50.000 Unterschriften dokumentierten Wunsch der Dresdner Bevölkerung nach einer Natur- und Kulturlandschaft schonenden Realisierung der Elbquerung, gegen die Bedenken der Bundesregierung, die in dem drohenden Verlust des Welterbestatus einen bedeutenden Ansehensverlust für Deutschlands sieht, wird der Bau der „Waldschlößchenbrücke“ unbarmherzig vorangetrieben.

Mit diesem Projekt wird materiell und ideell ein wesentlicher Bestandteil der Kulturstadt Dresden dahingegeben und es ist zu befürchten, dass der Ruf Dresdens damit derart leidet, dass der Anspruch „Kulturstadt“ zu sein, in Zukunft nur noch als Anmaßung verstanden werden wird.

Das ist um so bedauerlicher, als auch jetzt noch Alternativen möglich sind, die Belange des Verkehrs mit dem Schutz von Natur und kultureller Substanz zu verbinden.

Wir bitten noch einmal dringend alle Verantwortlichen in Stadt, Land und Bund, sich für eine vernünftige Lösung des Problems einzusetzen. Lösen Sie sich von den politischen Verhärtungen, die ein Gespräch behindern und suchen Sie der Stadt Bestes!

Das Dresdner Trauerspiel

Eine Stellungnahme von Susanne Knaack,
Mitinitiatorin des Bürgerbegehrens

Mit dem heutigen Urteil hat sich das Dresdner Verwaltungsgericht im Buch der Schandurteile verewigt. Zu urteilen, dass ein unterirdischer Tunnel das Landschaftsschutzgebiet Dresdner Elbtal mehr beschädigt als die im Bau befindliche oberirdische Hauptverkehrs-Trasse, grenzte an Lächerlichkeit, wenn es im Dresdner Fall nicht so tragisch wäre.

Wenn es so wäre, dürften keine Tunnel in der Natur gebaut werden. Welche Habitate existieren auf dem Grund der Elbe oder im Erdreich, welche bedrohten Tiere leben dort, die vom Tunnelbau mehr bedroht wären als beim gegenwärtigen brutalen Brückenbau? Welchen Schaden nähmen Fische bei einer Umleitung der Elbe? Ganze Flüsse werden weltweit umgeleitet für weniger als den Erhalt eines Welterbestatus und die Fahrrinne der Elbe wurde in den letzten Monaten ausgebaggert, ohne dass auch nur ein Fisch starb. Welche Ausgleichsmaßnahmen kompensieren den Verlust des Welterbetitels?

Die Geschichte der Waldschlößchenbrücke ist seit 1990 ein Trauerspiel von vorne bis hinten und von oben bis unten. Von der CDU-Politik, mit der absolutistischen Entscheidung des damaligen Wirtschaftsministers Schommer von 1996 – Geld gäbe es nur für eine Elbquerung am Waldschlößchen und nur für eine Brücke – über die 3-jährige Geltung des Bürgerentscheides vom Februar 2005 pro Brücke trotz der Hinfälligkeit seiner wesentlichen Annahme der „Brücke mit Weltkultur“ seit November 2005; anschließend der Verhinderung des Bürgerentscheides über den Kompromisstunnel im Sommer 2008 durch die CDU-geführte Dresdner Stadtverwaltung, die CDU-dominierte Staatsregierung des Freistaates Sachsen (zu spät, zu teuer, nicht finanzierbar) und die Urteile des Dresdner Verwaltungsgerichtes sowie des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes zu unserem Bürgerbegehren vom Herbst 2008 bis hin zum heute veröffentlichten vollständigen Schandurteil.

Am 30. Oktober 2008 veröffentlichte das Verwaltungsgericht Dresden seinen Beschluss, die Klage abzuweisen. Heute, erst 4½ Monate später, liefert das Gericht seine Begründung obwohl Ende Juni in Sevilla die Aberkennung des Welterbetitels droht, wenn der Bau nicht gestoppt wird.

Seit der Antike werden Tunnel gebaut, 1841 war der erste Londoner Fußgängertunnel unter der Themse fertig, 1869 in Chicago der erste amerikanische Verkehrstunnel unter einem Fluss, 1899 der Spreetunnel in Stralau, 1911 der erste Elbtunnel in Hamburg usw. usf. In Sachsen wurden zig Eisenbahntunnel gegraben, darunter 1839 der erste Eisenbahntunnel der Welt, der Oberauer Tunnel. Auch heute werden Tunnel gebaut, die mitnichten den Naturschutz verletzen, sondern Natur erhalten. Von diesem Pioniergeist sind der Freistaat Sachsen und seine Organe heute jedoch weit entfernt. Kommentator Hartwig meint heute in den Dresdner Neuesten Nachrichten: „Der Bau eines Elbtunnels ist Humbug“ und Herr Köhler-Totzki von der Bürgerinitiative Pro Waldschlößchenbrücke, das Gericht habe den Umweltschützern „ins Stammbuch geschrieben, dass ein Tunnel nicht genehmigungsfähig“ sei, und: „Wer den Tunnelunsinn nach wie vor verbreitet, schadet unserer Stadt.“ In Dresden gilt nun sinngemäß: Die Erde ist eine Scheibe und wer den Kugelunsinn nach wie vor verbreitet, schadet unserer Stadt. Armes Dresden!

Ein Gutes haben das Urteil und die Kommentare von Herrn Hartwig und Herrn Köhler-Totzki: Wer außerhalb Dresdens uns Welterbe- und Elbtalbewahrern bisher nach all der Vorgeschichte immer noch nicht geglaubt hat, welche Macht und Provinzialität in Dresden gegen die Welterbeidee, den Landschaftsschutz, den Tunnelkompromiss und gegen uns wirken, hat hier ein erstklassiges Exempel. Das spart uns viele Erklärungen. Aber es ist ein Jammer, es ist eine Schande!

Bonjour Tristesse

sagt Johannes Hellmich

Wenn sächsische Politiker zur Welterberettung nach Paris reisen, ins Herz bürgerlich-proletarischer Revolutionen, künstlerischer Avantgarde und europäischer Hochkultur, haben sie meist ganz eigene Vorstellungen von Demokratie und Ästhetik im Gepäck. Ziel der Emissäre aus dem fernen Sachsen ist immer wieder die Zähmung jener widerspenstigen UNESCO, die sich partout nicht in die Dresdner Vermessung der Welt einfügen lassen will. Die Flurstücksgrenzen sächsischen Biedermeiers enden lange vor dem Horizont der Menschheitsideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die von der französischen Metropole aus die ganze Welt erobert haben und die als humanistisches Bildungsethos im Bewahren kultureller Güter eine Erziehung der Menschheit zum Frieden sehen. Die Wahl des UNESCO-Sitzes fiel 1945 nicht zufällig auf Paris. Aufklärung und Rechthaberei – zwei Ausgangslagen, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Das Rendezvous des ehemaligen Oberbürgermeisters Dr. Vogel mit Francesco Bandarin vom Welterbezentrum im April letzten Jahres musste erfolglos bleiben. Das konnte auch der mitgereiste Kurt Biedenkopf nicht verhindern.

Die neue Oberbürgermeisterin Dresdens wollte die Kommunikationsfehler ihrer Vorgänger vermeiden. In der Sache blieb sie freilich genauso kompromisslos. Ende August schrieb Frau Orosz jenen viel beachteten Brief nach Paris, in dem sie in Gedanken noch einmal die Demonstranten des Wendeherbstes ’89 an ihrem Rathaus vorbeiziehen ließ. Sie sollten bezeugen, dass nur die eine Brücke untrennbar mit dem Erbe der friedlichen Revolution verbunden ist. Bandarin aber zeigte sich unbeeindruckt vom Pathos der tapferen CDU-Frau. Das verwundert nicht wirklich. Auch vor Bandarins Amtssitz hat es in der Vergangenheit einige revolutionäre Bewegung gegeben. Ganz so friedlich wie in Dresden ging es allerdings nicht ab. Der Dritte Stand erkämpfte auf den Barrikaden von Paris aber genau jene demokratischen Regeln, über die Frau Orosz in ihrem Brief den Direktor des Welterbezentrums belehrt. Immerhin kam es in der Folge der Korrespondenz zu ihrer ersten Paris-Reise, auch wenn man sich vor Ort wenig mitzuteilen hatte. Bandarin weigerte sich offenkundig hartnäckig, an der Autosuggestion der Union teilzunehmen, Welterbe und Brücke seien vereinbar.

Damit war eigentlich alles gesagt. Ende Februar aber fuhr die Rathauschefin noch einmal in die französische Hauptstadt. Und wieder gab es mit irgendwem irgendwelche Gespräche. Helma Orosz hält es bis heute für unnötig, die Dresdner Öffentlichkeit über die Ergebnisse ihrer Reise zu informieren. Diese Geheimniskrämerei ist lächerlich.

Erstaunlich, dass erneut Kurt Biedenkopf zur Entourage gehörte. Was er vom Welterbetitel Dresdens und von der UNESCO hält, hat der frühere Ministerpräsident inzwischen mehrfach erklärt. Ob Biedenkopfs Charme einer dauerbeleidigten Leberwurst der Mission half, scheint fraglich. Auf welcher Grundlage wir die Reisespesen der CDU-Ikone übernehmen, bleibt auch diesmal geheimnisvoll wie das meiste an der geplanten Welterberettung.

Schon die dürftige Nachrichtenlage für sich wirft einige interessante Fragen auf. Erneut wird von einem mit dem Auswärtigen Amt abgestimmten Vorgehen gesprochen. Inwieweit trifft das zu? Zum wiederholten Male auch fällt der unsägliche Satz, dass in den Gesprächen mit der UNESCO die Rolle Deutschlands als großer Beitragszahler betont werden soll. Lässt sich das SPD-geführte Auswärtige Amt vor den Karren einer starrsinnigen Union in Sachsen und Dresden spannen, deren offenkundiges Motiv nur der eigene Machterhalt ist? Schwer vorstellbar. Allein aber die Absicht, auf die Mitgliedsstaaten des Welterbekomitees finanziellen Druck auszuüben, wäre beschämendes Armutszeugnis für alle Beteiligten. Ganz unabhängig davon, ob ein solcher Erpressungsversuch Erfolg haben würde; allein die Teilnahme an diesem inakzeptablen Vorgehen dürfte nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Frau Orosz mag ihre Partei in Dresden durch das Verbreiten trügerischer Hoffnungen über die anstehenden Wahlen retten. Sollte das bizarre Geschäft scheitern, muss sie letztlich die politische Verantwortung für das Welterbefiasko übernehmen. Die Festlegung auf die Vereinbarkeit von Welterbe und Brücke, mit der sie die OB-Wahl gewonnen hat, war der Weg des geringsten Widerstandes. Er würde sich dann als Sackgasse erweisen. Bliebe sie trotz des folgenschweren Irrtums im Amt, rückte dieses gebrochene „Wahlversprechen“ in die Nähe einer arglistigen Täuschung. Die Akzeptanz der ehemaligen Sozialministerin ist in erheblichen Teilen der Bürgerschaft schon jetzt nachhaltig beschädigt. Die polarisierende Ausrichtung ihres Wahlkampfes, mit der Helma Orosz 50.000 Unterschriften für einen Tunnelkompromiss ignorierte und ihren eigenen Sieg als Votum für die Brücke begriff, konnte sie schwerlich zur Bürgermeisterin aller Dresdner machen.

Vergessen wir nicht: Frau Orosz und Herr Biedenkopf versuchen, die klare Beschlusslage von Québec zu revidieren. Im Erfolgsfall kann das nur auf Kosten der Glaubwürdigkeit der UNESCO gelingen. Es sind stets die anderen, die den Preis für autistischen Ehrgeiz bezahlen. Einer wie Kurt Biedenkopf sollte das wissen; die Brüche in seiner eigenen Karriere weisen darauf hin. Der selbsternannte Übervater Biedenkopf hat den Respekt vor der kulturellen Identität vieler Dresdner, der am Anfang seines Engagements in Sachsen stand, längst verloren. Gefunden hat er dafür offenbar seine Altersrolle: Der alte Mann und das Welterbe. Wie den Helden aus einer Geschichte Hemingways zieht es ihn, trotz Misserfolg, immer wieder hinaus. Es scheint, als erlebten wir den letzten großen Kampf eines ergrauten Politikerphilosophen. In der literarischen Vorlage erringt der Fischer Santiago am Ende eine Art von Sieg. Doch der Fang, den er nach Hause bringt, ist wertlos. Es sind die traurigen Reste eines Kadavers. Dem Welterbe droht ein ähnliches Schicksal, sollten sich der gekränkte Mann vom Chiemsee und die adrette Powerfrau durchsetzen.

Der Elbtunnel ist genehmigungsfähig.
Die verkürzte Interpretation des VG-Urteils
durch die Tunnelgegner ist unzutreffend.

Erklärung der Grünen Liga Sachsen e.V. vom 21.03.2009

Die Einschätzung des Gerichts, der Elbtunnel stelle keine Alternative dar, beruht lediglich auf der Abwägung von Naturschutz-Aspekten.

Im Klageverfahren der Grünen Liga (GL) gegen die Genehmigung des Verkehrszuges Waldschlößchenbrücke hatte das Verwaltungsgericht Dresden (VG) zu klären, ob die Elbtunnel-Lösung gegenüber der Brücken-Lösung eine bessere Alternative darstellt. Dabei wurden vom VG lediglich die Aspekte des Naturschutzes berücksichtigt. Andere Aspekte (z. B. „Welterbe“) wurden von der GL im Verfahren umfassend vorgetragen, aber vom VG nicht einbezogen. Im Urteil des VG vom 25.02.2009 heißt es dazu auf Seite 121: „Denn mit diesem Vortrag [UNESCO Welterbe, Städtebau, Denkmalschutz - d.A.] sind die Kläger bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich hierbei um Belange des Denkmalschutzes und nicht um solche des Naturschutzes handelt.“ Auch die Aspekte des Lärmschutzes für Anwohner wurden vom VG nicht berücksichtigt.

Die technische Machbarkeit des Tunnels wurde von der GL ausführlich erläutert und durch Vorträge von Lehrbeauftragten der TU Dresden vor Gericht untermauert.

Das VG kommt in seiner Abwägung zwischen Brücke und Tunnel-Alternative zu folgender Einschätzung (Urteil des VG, S. 91): „Selbst wenn man von der technischen Machbarkeit der von den Klägern vorgetragenen Tunnelalternative ausgeht, scheidet diese wegen der Eingriffe in den LRT 3270 als vorzugswürdige Alternative aus.“ Diese Bewertung basiert darauf, dass beim Bau des Tunnels der Lebensraumtyp LRT 3270, also die Elbe und das Elbeflussbett, in Anspruch genommen wird. Das VG hat bei seiner Bewertung nicht beachtet, dass dieser Lebensraum nach dem Eingriff durch den Tunnelbau kurzfristig regenerierbar ist, was bei den Beeinträchtigungen durch die Brücke nicht der Fall ist.

Das vorliegende Urteil des VG stellt nicht fest, dass ein Tunnel an gleicher Stelle nicht genehmigungsfähig wäre.

In einem Genehmigungsverfahren für den Tunnel würde – anders als im Klageverfahren – eine Abwägung zwischen allen Aspekten, die gegen den Elbtunnel und die für den Elbtunnel sprechen, stattfinden. Dann würden erstmals auch die Belange des Welterbe-Schutzes berücksichtigt, denn diese wurden weder im Genehmigungsverfahren für den Verkehrszug Waldschlößchenbrücke in den Jahren 2003/2004 noch im Klageverfahren der GL (s.o.) behandelt. Der Aspekt des Welterbe-Schutzes würde dann eine sehr große Rolle spielen. Die UNESCO hatte den Tunnel als einzige welterbe-verträgliche Lösung für eine Elbequerung am Waldschlößchen anerkannt.

Damit würde das Genehmigungsverfahren für den Elbtunnel voraussichtlich zur Genehmigung des Elbtunnel führen. Die Aussage der Tunnel-Gegner, der Elbtunnel sei „nicht genehmigungsfähig“ ist damit falsch.

In der Sächsischen Zeitung vom 17.03.2009 wird Herr Stadtrat Brauns wie folgt zitiert: „Das VG habe den Tunnel abgelehnt – aus Umweltschutzgründen.“ Dazu stellt das Bürgernetzwerk Dresdner Welterbe fest:

Das Verwaltungsgericht hat ausschließlich über Naturschutzfragen geurteilt. Wenn laut Gericht die Naturschutzbeeinträchtigungen während der Bauausführung des Elbtunnels höher sind als bei der Brücke, so sind doch die naturschutzfachlichen Beeinträchtigungen nach der Fertigstellung des Tunnels dauerhaft sehr viel geringer als bei der Brückenlösung.

Bei der Betrachtung aller öffentlichen Interessen (Welterbe, Einhaltung der internationalen Verträge gegenüber der UNESCO, Naherholung, Tourismus), deren Abwägung lt. Verwaltungsgericht nicht Gegenstand dieses Verfahrens waren, würde der Tunnel sehr viel besser abschneiden, ja sogar die einzig mögliche und rechtlich haltbare Lösung sein. Das bedeutet im Klartext, um den Elbtunnel als welterbeverträgliche Lösung zu verhindern, müssten FDP und CDU gegen ihn klagen. Dieses Verhalten aber befände sich im offenen Widerspruch zu der von Frau OB Orosz wiederholt bekundeten Aussage, „dass, das Welterbe ihr eine Herzensangelegenheit sei.“

Leider versuchen die für den Brückenbau verantwortlichen politischen Kreise weiterhin die von der UNESCO geforderte Tunnelalternative zu verhindern. Dies ist unverantwortlich, weil es Lösungen gibt, die einen gleitenden Anschluss des Tunnels an die in Bau befindlichen Zufahrtstunnel ermöglichen sowie eine oberirdische Führung des Fuß- und Radverkehrs.

Thomas Löser sagte in diesem Zusammenhang: „Herr Brauns und die CDU sollten endlich erkennen, dass das Netzwerk Welterbe kein Gegner der CDU ist, sondern in dieser äußerst schwierigen Situation, lediglich nach der besten Lösung für unsere Heimatstadt Dresden sucht. Wir laden Herren Brauns recht herzlich zu einem offenen Dialog ein.“

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