Das Welterbeforum im Kulturpalast Dresden veröffentlichte eine Abschlusserklärung, in der in eindringlichen und klaren Worten der Erhalt des Dresdner Welterbes gefordert wurde. Zu den Erstunterzeichnern gehören die Referenten des Welterbeforums Prof.Magirius, Prof.Albrecht, Dr.Laudel sowie Horst Wadehn.

Herr Prof.Magirius (Landeskonservator a.D.) bezog sich in seinem Fachvortrag “Vier Thesen zum Dresdner Elbtal als Welterbe” auf die europäische und weltweite Bedeutung des Dresdner Elbtales, welches durch den Welterbetitel der Unesco durch die internationale Staatengemeinschaft geadelt sei.

Er betonte, dass “Dresden gerade den weltweit beachteten Aufbau der Frauenkirche als Symbol der Versöhnung nur mit großer internationaler Anteilnahme und finanzieller Unterstütung hat leisten können.” Insofern “sei Dresden der Welt auch Dankbarkeit schuldig”. Prof Magirius betonte, dass “Dresden durch den Verlust des Welterbes seinen Ruf als Kulturstadt verlieren werde” und warnte vor “einem kulturellen Identitätsverlust” und “einer für viele bundesdeutsche Städte typischen kulturellen Mittelmäßigkeit.” Prof. Magirius sagte: “Natürlich wissen wir nicht, wie spätere Generationen dieses mißlungene Brückenbauwerk einschätzen werden. Mit einiger Sicherheit aber wird man an dem Bauwerk die Überheblichkeit ablesen können, mit der sich Politiker (…) gegen weitläufige Einsichten durchgesetzt haben, nicht zuletzt um zu zeigen, wer hier `Herr im Hause`ist (…).”

Herr Wadehn als Vorsitzender des Vereins der Unesco Welterbestädten in Deutschland betonte in seinem Redebeitrag die Pflicht der lokalen Entscheidungsträger gemäß ihrem Amtseid Schaden von Dresden, Sachsen und Deutschland mit allen Kräften fernzuhalten.
Die von ihm sehr geschätzte OB Orosz rief er auf “mit der Unesco in ernsthafte Gespräche einzutreten und alles zu tun, damit der Status des Welterbes für Dresden erhalten bleibt”. Horst Wadehn betonte, dass “der Verlust des Welterbes einen riesigen Schaden für Dresden bedeuten wird.”
Herr Wadehn sagte, dass “Politiker wahre Stärke zeigen, wenn sie Entscheidungen, die sich als nicht richtig erwiesen haben, im Interesse der Öffentlichkeit revidieren können”.

Das Welterbeforum rief Frau OB Orosz auf, eine exakte Kostenschätzung
für die Mehrkosten des welterbeverträglichen Tunnels vorzulegen. Darüber hinaus forderten die Teilnehmer konkrete Informationen zum Sachstand der Verhandlung mit der Unesco und baten Frau OB Orosz diese Informationen in einem öffentlichen Podium allen interessierten Dresdnern bekannt zu machen.

Auf dem Atmarkt wurde im Anschluß an die Kundgebung das temporäre Kunstwerk “Tor der Barbarei - Tor der Hoffnung” eröffnet, welches noch bis Montag zu sehen war.

Veranstaltungsdokumentation

Eine Dokumentation (Redebeiträge als Tonmitschnitt oder Text) der Veranstaltung wird in Kürze auf dieser Webseite zu finden sein.

Einleitung: Thomas Löser


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Prof. Magirius


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Prof. Albrecht


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Dr. Laudel


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Herr Wadehn


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In letzter Not, gelesen von Thomas Löser


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Sehr geehrte Damen und Herren,

eigentlich wollte auf unserer Märzveranstaltung der Baubürgermeister Jörn Marx über Strategien der Stadtentwicklung Dresdens sprechen. So war es langfristig vereinbart und so haben wir es verschiedentlich angekündigt. Leider haben wir vor wenigen Tagen eine Absage von ihm erhalten.

Um so mehr freut es uns, dass wir kurzfristig den Kunsthistoriker Dr. Stefan Hertzig als Referenten gewinnen konnten, der sich mit seinen Forschungen zum barocken Bürgerhaus in Dresden und der wissenschaftlichen Betreuung des Aufbaugeschehens am Neumarkt große Verdienste erworben hat.

Dr. Stefan Hertzig
wird am 25. März 2009, 19 Uhr unter dem Titel

“5 Jahre Aufbau des Dresdner Neumarkts – wo stehen wir heute?”

eine Bilanz des bisher Geleisteten ziehen.

Dazu laden wir Sie herzlich in die JohannStadthalle, Holbeinstraße 68 ein.

Mit freundlichen Grüßen
Jana Knauth

Am 12./13.02.2009 fand in Osnabrück die internationale Tagung „Stadt-Kultur-Landschaft“ zur Gefährdung historischer urbaner Kulturlandschaften und zu den Möglichkeiten ihrer Bewahrung für die kommunale und regionale Entwicklung statt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das aktuelle Geschehen in Dresden dargestellt – was erhebliche Betroffenheit bei den anwesenden Fachleuten auslöste. Das veranlasste Dr. Klaus von Krosigk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V., eine Protestnote an den Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich und die Oberbürgermeisterin Helma Orosz zu verfassen, welche an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Die überregionale Presse hat diesen Vorgang bereits kommentiert, so berichtete die Welt vom 09.03.2009. Den Dresdner Zeitungen liegt das Schreiben ebenfalls vor, sie denken derzeit noch über eine Veröffentlichung nach.

Am Rande der Podiumsdiskussion zum Weltkulturerbe-Forum am 14.03.2009 wird im Kulturpalast eine Ausstellung mit Panoramabildern des Fotografen Hans-J. Aubert zu den 33 UNESCO-Welterbestätten in Deutschland zu sehen sein.

Diese Ausstellung wurde Ende 2008 vom Verein UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. neu zusammengestellt und wird in Dresden in dieser Form das erste Mal zu sehen sein. In anderer Aufmachung war sie bereits im Frühjahr 2008 in Dresden. Die Exponate wurden 2007 und 2008 in mehr als 30 Ländern auf allen Kontinenten ausgestellt.

Die Ausstellung bleibt noch für einige Zeit in unserer Stadt. Wo sie zugänglich gemacht wird, geben wir bekannt, sobald die organisatorischen Vorarbeiten abgeschlossen sind.

Advocatus Diaboli

Beim Kampf für das Gute:
„Ein Sachse ist immer dabei.“
Johannes Hellmich erinnert
an ein Lied von Otto Reutter.

Wer sprachlos zur Kenntnis nimmt, dass sich gewählte Vertreter dieser Stadt auf die Streichung von der Welterbeliste wie auf einen lange geplanten Scheidungstermin vorbereiten, rätselt vielleicht auch, was genau diejenigen umtreibt, die Verantwortung für das Gedeihen der sächsischen Metropole tragen. Die Brückenbauer formieren sich zu einem monolithischen Block, dessen wahre Motivation kaum erkennbar ist. Gebetsmühlenartig hören wir die Saga vom Respekt vor dem Bürgerwillen, der allerdings andernorts mit merklich weniger Verbissenheit verteidigt wird.

Sich mit der Banalität der Ignoranz abzufinden, wäre zu einfach. Der Profilierungszwang einer rechtsliberalen FDP ist auch keine Erklärung. Unter Bedingungen einer aufgeklärten politischen Streitkultur würde er kaum wahrgenommen. Unerklärlich bleibt indes bis heute die Entschlossenheit, mit der die Dresdner Union ihr Selbstverständnis an jene Brücke klammert. Die mediale Eigendarstellung der CDU bestätigt diese Schicksalsgemeinschaft eindrucksvoll. Aber nur vereinzelt werden die Motive dieser Fixierung sichtbar.

Die Einblicke in tiefere Schichten des Seelenlebens einer dem Bürgertum verbundenen Partei, die wir in seltenen Momenten gewinnen, machen uns nachdenklich. Manchmal sind die Vorstellungen, die zu Tage treten, sehr grundsätzlicher Natur. Was sonst den Esprit eines Provinzstädtchens versprüht, bekommt dann sogar einen globalen Zusammenhang. Es dürfen dann auch ungewöhnliche Wege sein, über die Erhellendes transportiert wird. 2006 schrieb der damalige Pressesprecher der Dresdner Union, Maximilian Krah, in einem Leserbrief an das Zentralorgan der Nationaldemokraten, die „Junge Freiheit“:

Vor lauter schiefem Blick auf die CDU ist dem Autor leider der eigentlich spannende Punkt der Debatte entgangen: wer in einer deutschen Stadt über die Stadtplanung entscheiden darf – die Bürgerschaft oder eine supranationale Organisation. CDU und FDP kämpfen für die Umsetzung eines Bürgerentscheides, der eine Zweidrittelmehrheit zugunsten des seit 1910 an dieser Stelle geplanten Brückenschlages ergeben hat. SPD, Grüne und PDS streiten für ein Verständnis von Denkmalpflege, das in Dresden darauf hinausliefe, dass quer durch eine aufbrechende Stadt ein Riegel gezogen würde, in dem keinerlei bauliche Veränderung mehr zulässig würde. Aus einer lebendigen Stadt würde ein bewohntes Museum, Gestaltungswille würde durch Stillstand ersetzt.

Der Streit um die Dresdner Brücke ist damit ein kleines Lehrstück für das Ringen um die Zukunft unseres Landes. Es geht um die Behauptung der Handlungshoheit gegen den Verzicht auf eigene Gestaltungsspielräume, um den Mut zur Zukunft gegen das Eingraben in einem Trugbild der Vergangenheit.

Sehr schön formuliert. Man möchte hinzufügen: „Melde: Stellung gehalten!“ Die nationale Attitüde mag mancher für einen Werbegag halten, der den rechten Rand vom patriotischen Ernst der Gemeinschaftsaufgabe Aufbau Ost überzeugen soll. Die Pressemeldungen der letzten Tage werfen auf das Engagement des Christdemokraten aber noch ein anderes Licht:

Maximilian Krah ist nicht nur Mitglied des Kreisvorstandes der CDU Dresden; er ist hauptberuflich Rechtsanwalt. Als solcher schaffte er es Ende Februar in die internationale Presse. Die Situation war allerdings etwas kompromittierend. Der britische Holocaust-Leugner David Irving hatte ausgeplaudert, dass Pius-Bruder Williamson (noch von Argentinien aus) den „German Lawyer Krah“ kontaktiert hatte. Ja, richtig: Williamson ist jener Kirchenmann, der weltweit für Aufsehen sorgte und Papst Benedikt in Erklärungsnot brachte. Kennengelernt hatten sich Williamson und Irving bei einer Gartenparty des Historikers. Unser Dresdner Jurist vertritt seit Jahren die anwaltlichen Interessen der Pius-Bruderschaft. Auch er hat dem Pius-Mann Geschichtskenntnisse vermittelt. Die Illustrierte Stern veröffentlicht dazu folgendes:

Er [Maximilian Krah] habe Williamson darauf hingewiesen, dass „mittlerweile niemand mehr“ die Existenz der Gaskammern I und II in Auschwitz bestreite. „In diesem Zusammenhang hatte ich explizit darauf hingewiesen, dass selbst David Irving, der als Holocaustverharmloser bekannt ist, mittlerweile die Existenz dieser beiden Kammern anerkennt.“ Krah versichert, er habe seinem Mandanten zudem empfohlen, bei Irving nachzufragen, wenn er weiterhin Zweifel an der Existenz dieser beiden Gaskammern habe.

Der Spiegel geht auf die juristischen Folgen des Interviews ein, das den Stein ins Rollen brachte. Die bayerische Justiz ermittelt seit dem 23. Januar wegen des Verdachts auf Volksverhetzung gegen Williamson. Ihm droht nach deutschem Recht eine Geld- oder Haftstrafe. Sein Dresdner Anwalt argumentiert, dass das Gespräch auf Englisch aufgezeichnet wurde und deshalb nicht von einer Ausstrahlung in Deutschland ausgegangen werden konnte. Darüber hinaus hat Krah am Landgericht Nürnberg einen Antrag gestellt, dass der schwedische Sender SVT das Interview von seiner Homepage nehmen muss.

In einem Leserbrief an den Rheinischen Merkur gibt der Jurist Anfang dieses Jahres Auskunft über seine seelische Not. Dieser Leserbrief wird derzeit auch in Sachsen diskutiert. Darin heißt es:

Wer sich mit offenen Augen umsieht, erkennt, dass wir heute vor einer religiösen Katastrophe stehen. An normalen Sonntagen liegt der Anteil der Katholiken, die zur Messe gehen, knapp über fünf Prozent, zu viele von ihnen sind alte Menschen. In Frankreich, das sich wegen der dort unbekannten, das System stabilisierenden Kirchensteuer sehr gut als Gradmesser eignet, gibt es Diözesen, in denen weniger als zehn aktive Priester übrig geblieben sind, von denen keiner jünger als 60 Jahre ist und im Schnitt 60 Pfarreien betreut. Klöster sterben aus, das religiöse Leben bricht zusammen.

Ein völlig anderes Bild bietet da die Bewegung der Piusbrüder, die sich entweder direkt oder zumindest in der Sache auf Erzbischof Marcel Lefebvre beruft und der Errungenschaften des „Konzils“ [gemeint ist das Zweite Vatikanische Konzil] entbehrt.

Der Niedergang Europas hat natürlich einen Grund. Pater Franz Schmidberger, der oberste deutsche Pius-Bruder, antwortete im Februar 2009 für „report Mainz“ auf die Frage nach der liberalen, offenen Gesellschaft: „Ich denke, dass der Liberalismus sich sehr, sehr nachteilig für unsere Gesellschaft ausgewirkt hat.“

Die anwaltliche Betreuung der Pius-Gemeinschaft ist zunächst eine professionelle Entscheidung. Sie zu beenden ebenso. Auch für restaurative Zeiten gilt selbstverständlich: Glaube ist Privatsache. In öffentlichen Angelegenheiten aber darf Konfession keine Rolle spielen. Diese Trennung ist eine der teuer erkauften Errungenschaften der Zivilgesellschaft. Die hiesigen Christdemokraten sollten die demokratischen Werte uneingeschränkt bejahen, die ihnen in Sachsen seit fast zwanzig Jahren das Regieren ermöglichen.

Das Motiv der Disziplinierung unbotmäßiger Bürger scheint in der Brückenfraktion immer wieder durch. Es reicht von jenem „Wer zahlt, schafft an“ bis zum Wertediktat einer kleinbürgerlichen Mittelschicht. Politiker wie Maximilian Krah stehen für eine weitere Facette: Vielleicht sollen ja widerspenstige Dresdner Bürger die Aberkennung des Welterbetitels als heilsamen Akt der Domestikation verstehen.

Es wäre schade, wenn eine geschützte Kulturlandschaft für Feldversuche einer anachronistischen Gegenreformation herhalten müsste.

Im Februar 2009 sollte in Dresden ein „Weltkulturforum“ stattfinden. Die Dresdner Welterbe-Bewegung bedauert die Absage dieser jetzt für den Herbst 2009 geplanten Veranstaltung. Sie hält das vom „Weltkulturforum“ gewählte Thema „Kultur ist mehr – Weltkulturelle Perspektiven im Spiegel der Entwicklung europäischer Städte“ für einen fruchtbaren Ansatz in einer Debatte um eine zukunftsfähige Kultur. Von dem „Weltkulturforum“ hätten zudem Impulse zu Zielen und Werten für die künftige Entwicklung unserer Stadt ausgehen können. Um dieser Wertedebatte eine Plattform zu geben, lädt die Welterbebewegung zu zwei Veranstaltungen ein:

Am Samstag, dem 14.03.2009, findet von 14:30 bis 16:30 Uhr im Kleinen Saal des Kulturpalasts (Studiobühne, Eingang über Schloßstraße) ein Öffentliches Podium mit Fachvorträgen statt. Folgende Vorträge sind geplant:

  • Vier Thesen zum Dresdner Elbtal als Welterbe
    Prof. Dr. Heinrich Magirius
    Sächsischer Landeskonservator a.D.
  • Sachsen und der Welterbegedanke
    Prof. Dr. Helmuth Albrecht
    Leiter des Instituts für Wissenschafts- und Technikgeschichte der TU Bergakademie Freiberg
  • Das Dresdner Elbtal –
    vom Umgang mit einer einzigartigen Kulturlandschaft
    Dr. Heidrun Laudel
    Freie Architekturhistorikerin
  • Was bedeutet der Verlust der Welterbestätte „Dresdner Elbtal“
    für die Kulturnation Deutschland und die UNESCO?
    Horst Wadehn (CDU)
    Vorsitzender des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V.

Im Anschluss daran findet um 17:00 Uhr eine Kundgebung auf dem Altmarkt statt.

Veranstalter sind die Bürgerbewegung Welterbe Dresden e.V. (i.G.), der Fachrat Dresdner Welterbe und der Verein Bürgerbegehren Tunnelalternative am Waldschlößchen e.V.


Wenn Sie selbst auf diese Veranstaltungen aufmerksam machen möchten, nutzen Sie bitte unser Plakat (pdf-Datei, 655 kB) bzw. unsere Handzettel im Format DIN A5 (pdf-Datei, 55 kB) oder DIN A6 (pdf-Datei, 48 kB).

Bitte beachten Sie auch unseren Hinweis auf die Fotoausstellung zu den UNESCO-Welterbestätten in Deutschland.

Ein Zwischenruf von
Rainer G. Richter

Die Elbtunnel-Befürworter engagieren sich unvermindert für eine Stadtentwicklung in Dresden, die durch ein ausgewogenes Miteinander von Architektur und Natur auch künftig der Stadt ihre Lebensqualität erhält. Nichtsdestotrotz treibt die CDU-FDP-ADAC-Lobby die Zerstörung des Welterbe Dresdner Elbtal weiter aggressiv voran – und kann sich dabei auf starke Partner verlassen: Ignoranz und Gleichgültigkeit. Ignoriert werden die Probleme Dresdens von hohen Politikern auf Bundesebene (Köhler, Merkel, T. de Maizière, Westerwelle); gleichgültig hingenommen werden sie von vielen Dresdnern, die vielleicht gar nicht merken wollen, was mit ihrer Stadt geschieht.

Ein kleines Beispiel: In zahlreichen Städten werden jetzt durch überdachte Einkaufsmärkte mit Verkaufsgalerien und Einzelgeschäften neue „bürgernahe Stadtzentren“ geschaffen, welche die alten, historischen Marktplätze ablösen sollen. Ein neues, wahnwitziges Projekt dieser Art ist z.B. gerade in Passau zu besichtigen. In Dresden besitzen wir die allgemein von der Bevölkerung angenommene Altmarktgalerie. Doch als ob es nicht genügte, dass die Erweiterung der Altmarktgalerie den bereits jetzt als architektonisch „besonders gelungen“ geltenden Postplatz um ein weiteres Glanzlicht bereichert, werden in fußläufiger Entfernung davon zwei weitere ähnliche Einkaufszentren geschaffen: eine Riesengalerie am Hauptbahnhof und die Centrums-Galerie an der Prager Straße.

Man schätzt, dass sich solche großen Einkaufszentren dann rentieren, wenn in einer Stadt 1 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Einwohner zur Verfügung steht. In reichen Städten, wie München, Düsseldorf, Nürnberg darf sich dieser Quotient auch schon einmal erhöhen, etwa auf 1,1 … 1,3 Quadratmeter je Einwohner. In Dresden wird dieser Quotient gleich auf 2 erhöht. Das klingt entweder nach „Einholen ohne Überholen“ oder schlicht nach Größenwahn.

Nun glaubt man in den oben genannten wirtschaftsliberalen Kreisen, dass sich durch die Heranführung auswärtiger Besucher über die Autobahn mit Schnellstraßenanschluss die Zahl einkaufswilliger Käufern beliebig erhöhen lässt. Und somit planen die Stadtverwaltung und andere Angehörige und Vorteilsnehmer der Baulobby den Verkehr nicht um die Stadt herum, sondern in die Stadt hinein zu führen. Der Ausbau der Leipziger, der Königsbrücker und der Freiberger Straße verfolgen genau dieses Ziel. Jeder kann sich denken, was dies für Folgen nach sich zieht: Volle Tiefgaragen, verstopfte Straßen und die Forderung des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur, neue Brücken eingeschlossen. Der Ruf nach dem Erhalt des Welterbe-Titels wird dann längst verhallt sein.

In einem Beitrag unter diesem Titel hatten die DNN am 18.02.2009 dem Unmut der Mitarbeiter des Kulturpalasts über die Vorgehensweise bei den Planungen zum Umbau des Hauses Luft verschafft. Am 28.02.2009 berichten die DNN nun über ein Schreiben des Geschäftsführers der Konzert- und Kongressgesellschaft (KKG), Volker Schmidtke, an seine Mitarbeiter. Darin heißt es:

Es wäre durchaus legitim, wenn Mitarbeitern, die die Umbaupläne unseres Hauses verbesserungswürdig finden, ihre konstruktiven Auffassungen der Geschäftsleitung oder aber auch dem Aufsichtsrat mitteilen. Keinesfalls aber sind Mitarbeiter berechtigt, ihre persönlichen Auffassungen, zu denen Sie ohne tiefergehende Sach- und Fachkenntnis gelangt sind, der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Dieses Schreiben ist nicht wirklich originell – hat es doch einen ausgesprochen prominenten Vorläufer: Am 15.01.1838 formulierte Gustav von Rochow:

Es ziemt dem Untertanen, seinem Könige und Landesherrn schuldigen Gehorsam zu leisten und sich bei Befolgung der an ihn ergehenden Befehle mit der Verantwortlichkeit zu beruhigen, welche die von Gott eingesetzte Obrigkeit dafür übernimmt; aber es ziemt ihm nicht, die Handlungen des Staatsoberhauptes an den Maßstab seiner beschränkten Einsicht anzulegen und sich in dünkelhaftem Übermute ein öffentliches Urteil über die Rechtmäßigkeit derselben anzumaßen.

Jenseits der Diskussion um den Umbau des Kulturpalasts und jenseits der Frage nach den Loyalitätspflichten von Mitarbeitern wirft der Vorgang doch ein bezeichnendes Licht auch die Diskussionskultur im Hause Schmidtke – und die zu pflegen ist wahrlich seine Pflicht als Geschäftsführer. Hätte er das Gespräch mit seinen Mitarbeitern gesucht, wäre das wohl das erste, worauf er in seinem Schreiben verweisen würde. Das hat er aber offensichtlich nicht nötig. Herr Schmidtke steht so mit seiner arroganten Attitüde ganz in der Tradition der Dresdner Christdemokratie: wer die Macht hat, entscheidet. Diskussionen (auch konstruktive) sind nicht erwünscht.

Übrigens: Das Wort vom „beschränkten Untertanenverstand“ kursierte noch lange Zeit in der liberalen Presse und wurde in seiner Umkehrung („beschränkter Gustav“) auch gegen Gustav von Rochow selbst verwandt.

Die Welterbebewegung begrüßt die Überlegungen, das Welterbegebiet Dresden unter einen zusätzlichen Schutz zu stellen. Allerdings sind wir der Meinung, dass diese Initiative verfrüht ist.

Auch uns ist klar, dass die jetzige Situation zum sicheren Verlust des Welterbestatus für Dresden im Sommer 2009 führen wird. Aber: Dresden kann bei entsprechendem politischem Willen aller Beteiligten auch jetzt noch das Welterbe aus eigener Kraft erhalten. Politische Situationen sind keine Naturgesetze sondern von Menschen gemacht und also auch durch den Menschen veränderbar.

Da die welterbeverträgliche Elbquerung mittels eines Tunnel, wie auch von offizieller Seite der Stadt zugegeben, technisch machbar ist und der Bund mit seinem Förderprogramm für UNESCO-Welterbestädten entstehende Zusatzkosten abfedern könnte, steht der Umwandlung in ein Volltunnelprojekt nur der politische Nichtwille von CDU und FDP und Teilen der PDS-Fraktion im Stadtrat entgegen.

Auch der Freistaat Sachsen als Vertragspartner der UNESCO – der Mehrkosten für den Leipziger Citytunnel in Höhe von 250 Mio. € bereitwillig übernahm – sollte es als seine selbstverständliche Pflicht ansehen, die Landeshauptstadt in dieser schwierigen Situation bei anfallenden Mehrkosten tatkräftig zu unterstützen.

Thomas Löser sagte in diesem Zusammenhang: „Ein Anruf von Frau Orosz an Herren Tillich würde genügen, um die verfahrene Kiste aus dem Schlamassel zu ziehen. Alle politischen Parteien, insbesondere CDU und FDP sind gehalten, die aufgerissenen Gräben innerhalb der Stadt aus eigener Kraft zuzukippen, um endlich eine welterbeverträgliche Elbquerung am Waldschlößchen und den Erhalt des Welterbes in Dresden zu erreichen. Wer jetzt das Welterbegebiet wahrhaft schützen will, muss zunächst alles für den Erhalt des Welterbes in Dresden tun.“

Welterbe der Herzen

Johannes Hellmich
ist geteilter Meinung

Die Dresdner SPD entwirft einen Plan für die Zeit danach:

Wir sehen der Situation nüchtern ins Auge: Der Bau an der Waldschlößchenbrücke schreitet fort, der Welterbestatus wird damit wohl verloren gehen. Da machen wir uns keine Illusionen.

So wird Peter Lames von der SPD am Wochenende in der DNN zitiert. Dieser Realismus des Dresdner Sozialdemokraten ist nicht neu. Er hat sich bereits mit der Auflösung des Welterbekuratoriums, dem er angehörte, angekündigt, besonders aber mit dem Beschluss der UNESCO-Kommission in Québec im Sommer letzten Jahres. Peter Lames ist zweifellos einer der aufrichtigsten Lokalpolitiker. Er bekannte sich offen zum Welterbe, auch als der politische Gegenwind besonders heftig war. Das ist ihm hoch anzurechnen. Seine Vision einer Satzung zum Schutz der Kulturlandschaft Dresdner Elbtal ist dennoch schwierig in dreierlei Hinsicht.

Zunächst: Der Gedanke einer Satzung fände auch in den anderen Fraktionen (des Stadtrates) breite Zustimmung, erfahren wir und weiter: auch bei Befürwortern der Waldschlösschenbrücke. Was zunächst aufhorchen lässt, hat eine einfache Erklärung. De facto hakt die Dresdner SPD mit ihrem Vorstoß das Welterbe ab, obwohl noch mehrere Monate Gelegenheit ist, eine welterbeverträgliche Lösung zu finden. Das hört man auf Seiten der Brückenfreunde natürlich gern. Offene Gespräche über eine Satzung können die bittere Pille des Welterbeverlustes leichter erträglich machen. Dass die Brückenfraktionen jede Chance wahrnehmen, ihren Ruf als Welterbezerstörer loszuwerden, vermag nicht zu überraschen. Auch die Union will, die Zukunft fest im Blick, alte Gräben endlich schließen. Die Handreichung durch Herrn Lames bietet dafür Gelegenheit.

Dass mit der neuen Satzung das Elbtal genauso geschützt werden soll, wie derzeit durch die Welterbe-Konvention irritiert vielleicht. War es nicht gerade die Formel von der sich entwickelnden Kulturlandschaft, die Brückenfreunde einem vermeintlichen UNESCO-Dirigismus entgegenstellten? Galt es nicht Baufreiheit gegen Fremdbestimmung zu verteidigen auch um den Preis einer irreparablen Schädigung des Ansehens Dresdens? Die Betonung ästhetischer Gesichtspunkte im Vorstoß von Peter Lames offenbart zudem ein altes Missverständnis. Im Welterbestreit geht es eben nicht um ein schönes Elbtal als Staffage für eine schöne Semperoper und eine noch schönere Frauenkirche. Das wissen natürlich auch die Brückenfreunde. Zudem werden sie letztlich bestimmen, was satzungsverträglich ist oder nicht. Kann die SPD wenigstens politisch von diesem „Welterbe Light“ profitieren? Nun, es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich am Ende die Union an die Spitze dieser neuen Welterbebewegung stellen wird. Frau Orosz hätte das Zeug dazu. Einer weiteren Elbvertiefung zum Beispiel stünde das nicht entgegen.

Die Touristenbusse
kommen trotzdem!

Der ebenso selbstgewisse wie trotzige Schlachtruf der Brückenfraktion ist längst klammheimlich aus dem Argumentationsrepertoire verschwunden. Die Besucherzahlen in Dresden gehen konstant zurück. Dafür gibt es, wie immer, tausend Gründe. Das Welterbe spielt bis heute im städtischen Marketing keine Rolle. Im Gegensatz zu allen anderen Welterbestätten glaubt die Stadtverwaltung mit ihrer inzwischen insolventen DWT, auf eine aktive Präsentation des Dresdner Elbtals verzichten zu können. Grünes Gewölbe, Frauenkirche und Sächsische Schweiz müssen reichen. Die Überheblichkeit des Hauses Hilbert ist in der Öffentlichkeit bis heute nicht hinterfragt, der kommerzielle Schaden nicht seriös benannt. Auch wenn uns Union und FDP über Jahre glauben machen wollten, das Welterbe sei ökonomisch ohne Bedeutung (die Protokolle der Landtagsdebatten zum Thema belegen das eindrucksvoll), gibt es doch neben dem ideellen auch einen materiellen Wert, der den Unterschied ausmacht zwischen einem Welterbe und einer löblichen Satzung zum Erhalt des Elbtals.

Der dritte Aspekt des Vorstoßes von Peter Lames ist besonders problematisch. Er berührt die SPD als handelnde Kraft direkt. Zum einen hat der Realismus der Dresdner Sozialdemokraten natürlich etwas mit erhoffter Wählbarkeit zu tun. Zugleich ist er aber auch eine Art selbsterfüllende Prophezeiung. Ein wahrscheinliches Ergebnis wird von Akteuren vorweggenommen, die den Verlauf des Geschehens durchaus auch in andere Richtung beeinflussen können.

Es bleibt als wichtig festzuhalten: Sowohl politisch und juristisch als auch praktisch bestehen noch immer Möglichkeiten, den Brückenbau zugunsten einer Tunnellösung zu stoppen. Und solange die geringste Chance besteht, das Elbtal am Waldschlösschen in Unversehrtheit zu bewahren und darüber hinaus das Prädikat des Welterbes für Dresden zu erhalten, bleibt das Engagement für einen Kompromiss Bürgerpflicht. Erst wenn Dresden dieses Prädikat tatsächlich verloren hat, dann und nur dann sollte überlegt werden, wie es weitergeht.

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